Kulturstreit: Spanien zwischen 1975 und 2025

Am 20. November 2025 jährt sich der Todestag von Francisco Franco zum 50. Mal. Die spanische Regierung hat 2025 zum Gedenkjahr „España en Libertad“ auserkoren – mit über 100 Veranstaltungen, die sich mit dem Übergang Spaniens von der Diktatur zur Demokratie befassen. Doch das Ganze ist politisch umstritten: Während die linke Regierung unter Pedro Sánchez diese Feierlichkeiten als demokratischen Meilenstein feiert, lehnen konservative Parteien wie die PP und die rechtsnationale Vox die Gedenkveranstaltungen ab.

von Alina Brammer

Spanien 50 Jahre nach Franco – Ein Land im Zwiespalt der Erinnerung: Ein halbes Jahrhundert nach Francisco Francos Tod steht Spanien vor einem inneren Konflikt. Die Vergangenheit schweigt nicht. Das zeigt sich deutlich anhand der aktuellen politischen Fronten, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Ist Erinnerung ein Akt der Gerechtigkeit oder der Spaltung? Die Regierung warnt, dass Demokratie verteidigt werden muss.

Konservative sehen in der Geschichtsaufarbeitung eine ideologische Waffe. Was bedeutet es, sich einer Diktatur zu stellen, die nie wirklich abgerechnet wurde? Ein Land zwischen Vergessen und Wahrheit und der Frage, wer am Ende über die Geschichte bestimmt.

Zum 50. Todestag von Francisco Franco flammt in Spanien eine alte Debatte erneut auf. Der Diktator, dessen Regime das Land fast 40 Jahre lang beherrschte, bleibt auch nach seinem Ableben eine umstrittene Figur. Exakt am 20. November 2025 jährt sich sein Todesdatum, das tiefe Risse in der spanischen Gesellschaft offenbart. 

Unter dem Motto “España en Libertad" hat die Regierung von Pedro Sánchez (PSOE) das gesamte Jahr 2025 dem Gedenken an den Übergang von der Diktatur zur Demokratie gewidmet. Über 100 Veranstaltungen sind geplant, verteilt auf Städte wie Madrid, Barcelona, Valencia und Sevilla. Diese Feiern sollen an die demokratische Entwicklung erinnern, mit besonderem Fokus auf zentrale Werte wie Freiheit, Menschenrechte und Rechtsstaatlichkeit. 

Doch nicht alle sehen das Gedenkjahr als Meilenstein der Demokratie. Konservative Kräfte sprechen von einer politischen Inszenierung. Der Vorsitzende der Partido Popular (PP), Alberto Núñez Feijóo, kritisiert das Projekt und argumentiert: „Die Regierung blickt in ihrer Verzweiflung ständig in die Vergangenheit. Damit langweilt sie uns!”

Die rechtsextreme Vox, drittgrößte Partei Spaniens, spricht gar von einer “absurden Nekrophilie” und "revanchistischem Eifer”, mit dem die Linke das Narrativ dominiere. 

Während die Regierung besonders auf Bildungsinitiativen setzt und die jüngere Generation aufklären möchte, formiert sich auf der anderen Seite ein Widerstand. Rund um den 20. November sind Proteste und Gegenveranstaltungen zu erwarten. Sánchez betont: „Freiheit ist nie dauerhaft gesichert, sondern kann verloren gehen." Er ist der Meinung, dass man keiner bestimmten politischen Ausrichtung zugehören muss, um zu verstehen, wie finster die Franco-Diktatur war. „Es reicht, Demokrat zu sein."

Auch Historiker wie Walter Bernecker weisen darauf hin, dass Spanien – anders als in Deutschland mit der NS-Vergangenheit – nie eine umfassende gesellschaftliche Aufarbeitung der Diktatur betrieben hat. Die Wunden sind noch nicht verheilt. 

Trotz aller Kontroversen ist das Gedenkjahr eine Gelegenheit, sich mit der eigenen Geschichte auseinanderzusetzen. Spanien hat in den letzten Jahren einen bemerkenswerten Wandel durchlebt. Von einem autoritären Regime hin zu einer modernen Demokratie. Wie das Land dieses Erbe weiterträgt, wird neben Parlamentsdebatten auch auf den Straßen, in Klassenzimmern und in den Köpfen der Menschen sichtbar.

Der lange Schatten der Diktatur

Das Spanien des Jahres 2025 erinnert sich – aber an was genau? 50 Jahre nachdem Franco im Alter von 82 Jahren an den Folgen langwieriger Erkrankungen starb, ist sein Erbe noch immer spürbar. Es zeigt sich anhand der Straßennamen, die noch immer seinen Generälen gewidmet sind, wie die Calle del General Yagüe in Madrid. Anhand der unzähligen Opfer, deren Familien nie eine Entschuldigung erhielten. 

Nach dem blutigen Bürgerkrieg (1936-1939), der das Land in zwei Lager riss, errichtete Franco eine Diktatur, die mit unbarmherziger Härte herrschte. Schätzungen zufolge wurden bis zu 150.000 Menschen während des Bürgerkrieges und der darauffolgenden Diktatur ermordet.

Mindestens 100.000 politische Gegner gelten bis heute als verschwunden. Die Angst wurde zum ständigen Begleiter. Ein unbedachter Satz konnte zu einer Verhaftung führen, eine Denunziation durch den Nachbarn reichte aus, um in einem Arbeitslager zu enden. 

Neben der politischen Repression wollte Franco ein Spanien erschaffen, das nur eine Sprache, eine Kultur und einen Glauben kannte. Regionalsprachen wie Katalanisch oder Baskisch wurden verboten, traditionelle Feste unterdrückt. Die katholische Kirche wurde zum verlängerten Arm des Regimes. Frauen sahen sich in eine Rolle gedrängt, die sie Jahrzehnte zurückwarf: gehorsam, Mutter, Hausfrau. Das war ihre Bestimmung im franquistischen Spanien.

Während Europa sich nach dem Zweiten Weltkrieg neu ordnete, verharrte Spanien in einer politischen Eiszeit. Die westlichen Demokraten grenzten Franco aus. Sein Regime galt als faschistisches Relikt. Mit dem Kalten Krieg kam dann die Wende.

Die USA sahen in Franco einen Verbündeten gegen den Kommunismus. Militärstützpunkte und wirtschaftliche Hilfen sorgten dafür, dass das Regime überlebte. Auch wenn die Städte langsam wuchsen, blieb der Preis hoch. Freiheit gab es nur für jene, die sich dem System fügten. 

Ende des Caudillo und Neubeginn

Als Franco im November 1975 starb, war Spanien ein Land, das von seiner eigenen Vergangenheit erdrückt wurde. Interessanterweise fiel sein Todestag auf das Datum genau 39 Jahre nach der Hinrichtung von José Antonio Primo de Rivera, dem Gründer der faschistischen Falange.

Diese Koinzidenz führte zu Spekulationen, ob die Bekanntgabe seines Todes bewusst auf dieses symbolträchtige Datum gelegt wurde. In der Öffentlichkeit wurde offiziell getrauert, aber still und leise in vielen Haushalten gefeiert. Nun begann der schwierigste Abschnitt: Der Übergang zur Demokratie.

König Juan Carlos I., den Franco selbst als Nachfolger bestimmt hatte, entschied sich überraschend gegen eine Fortsetzung der Diktatur. In der spanischen Podcastserie XRey, die in Spanien ein großer Erfolg war, berichtet die Journalistin Eva Lamarca, dass Juan Carlos I. schon als kleines Kind unter der Kontrolle von Francisco Franco stand: „Er war in Francos Händen, eine Schachfigur auf dem Spielbrett, auf dem Franco und sein Vater um Spanien kämpften.”

Schritt für Schritt leitete das Land Reformen ein. Politische Parteien wurden wieder zugelassen und die ersten freien Wahlen fanden 1977 statt. Die spanische Verfassung von 1978 besiegelte schließlich den neuen Kurs. Sie war das zentrale Dokument der Transición Española und wurde in einem Referendum mit überwältigender Mehrheit angenommen.

Erstmals in der modernen spanischen Geschichte garantierte sie Bürgerrechte, Gleichstellung aller Regionen und die politische Pluralität. Bedeutend war die Verankerung der Autonomie der spanischen Regionen, ein Bruch mit der zentralistischen Politik Francos. Zudem definierte die Verfassung Spanien als parlamentarische Monarchie mit einem demokratischen System, das sich bewusst von der autoritären Vergangenheit abgrenzte. 

Aber die Transition war kein harmonischer Akt. Rechtsgerichtete Franco-Anhänger wehrten sich mit aller Kraft gegen den Wandel. Am 23. Februar 1981 kam es sogar zu einem Putschversuch, bei dem Spaniens junge Demokratie ins Wanken geriet.

An diesem Abend stürmte eine Gruppe bewaffneter Offiziere unter der Führung von Antonio Tejero, einem fanatischen Franco-Anhänger,  das spanische Parlament in Madrid. Die Schüsse fielen im Plenarsaal während der Wahl des neuen Ministerpräsidenten Leopoldo Calvo-Sotelo. Tejeros Ziel war es, die Regierung gewaltsam zu entmachten und die Ordnung der Diktatur wiederherzustellen. Der Staatsstreich scheiterte.

Die Putschisten hielten zwar das Parlament besetzt, aber König Juan Carlos I. wandte sich in einer Fernsehansprache an die Nation – in voller Militäruniform, als Oberbefehlshaber der Streitkräfte. Die Armee sollte sich nicht an dem Putsch beteiligen. 

Damit machte er unmissverständlich klar, dass Spanien nicht in die Vergangenheit zurückkehren würde. Wenige Stunden später gaben die Verschwörer auf. Viele Spanier hatten zu dieser Zeit den Wunsch nach Gerechtigkeit und dass die Verbrechen der Diktatur vor Gericht kamen. Dies verhinderte jedoch das Amnestiegesetz von 1977. Es sollte eigentlich den demokratischen Neubeginn absichern, wurde aber schnell zum Symbol des Schweigens.

Offiziell diente es dazu, politische Häftlinge aus Francos Gefängnissen zu befreien. Dahinter steckte aber die umstrittene Seite, Verantwortliche für die Verbrechen der Diktatur nicht mehr zu belangen. Folterer, Generäle, Richter und Beamte – alle, die in Francos Namen Repression ausgeübt hatten, blieben unbehelligt. Eine juristische Aufarbeitung war damit ausgeschlossen. Kritiker beschreiben das Gesetz bis heute als einen “Pakt des Vergessens”. 

Unbequemer Vergleich: Spaniens Aufarbeitung und Deutschlands Umgang mit der NS-Zeit

Während Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg die Verbrechen des Nationalsozialismus umfassend aufbereitete, blieb Spaniens Auseinandersetzung mit der Franco-Diktatur lange Zeit zaghaft. In der Bundesrepublik Deutschland wurden Kriegsverbrechen vor Gericht gestellt, die Erinnerungskultur institutionalisiert, Mahnmale errichtet und Schuld offen anerkannt. In Spanien sind jedoch bis heute viele Massengräber aus der Franco-Zeit unentdeckt.

Viele Familien warten noch immer darauf, die Überreste ihrer Angehörigen zu identifizieren. Eines der bekanntesten Opfer unter ihnen ist Federico García Lorca. Der Dichter wurde im Sommer 1936, kurz nach Beginn des Bürgerkriegs, von franquistischen Milizen verschleppt und hingerichtet. Er steht stellvertretend für all jene, die in den Wirren des Krieges spurlos verschwanden, denn sein Grab wurde nie gefunden. 

Dieser blinde Fleck der Vergangenheit betont auch der französische Historiker Pierre Vidal-Naquet. Er warnt in seinen Werken immer wieder vor der “Lüge der Geschichte”, der bewussten Auslassung oder Verzerrung historischer Wahrheiten, um das Gedächtnis einer Nation zu steuern. Genau das ist es, was Kritiker der spanischen Vergangenheitsbewältigung bemängeln: die jahrzehntelange Weigerung, das Franco-Erbe ungeschönt zu betrachten. 

Anders ist es in Deutschland: Die Erinnerung an den Holocaust und die NS-Diktatur sind ein fester Bestandteil des öffentlichen Bewusstseins. Schulen lehren die Geschichte, Gedenkstätten halten die Erinnerung wach. In Spanien wurden Franco-Denkmäler erst 2007 durch das „Gesetz der historischen Erinnerung” (Ley de Memoria Histórica) entfernt. Franco-Symbole sollten aus dem öffentlichen Raum verschwinden, politische Urteile des Regimes für ungültig erklärt werden.

Später im Oktober 2022 verabschiedete die Regierung eine Neuauflage, das „Gesetz zur demokratischen Erinnerung“ (Ley de Memoria Democrática), mit dem auch die Suche nach den Massengräbern erleichtert werden sollte. Auch hier bildeten sich wieder zwei Seiten: Die Befürworter, die diesen Akt als längst überfällig sahen, und die Konservativen, die davon sprechen, alte Wunden aufzureißen. Man mag es kaum glauben, aber es gibt noch immer Orte, die den Diktator glorifizieren. Einige stehen für Widerstand, andere für das Leid. 

Madrid – Die Wende von der Diktatur zur Demokratie

In den Hügeln außerhalb von Madrid erhebt sich eine monumentale Basilika, tief in den Fels gehauen. Das Valle de los Caídos, inzwischen offiziell Valle de Cuelgamuros genannt, war früher eine Gedenkstätte Francos, errichtet von Zwangsarbeitern.

Nach seinem Tod 1975 wurde er in der Basilika beigesetzt. Lange pilgerten seine Anhänger hierher, um ihn zu ehren. 2019 beschloss die spanische Regierung, die Glorifizierung des Diktators zu beenden und leitete seine Exhumierung ein. Später 2022 wurde der Ort umgewidmet. Valle de los Caídos (Tal der Gefallenen), war ein problematischer Name, da es das Regime als Symbol der nationalen Versöhnung kennzeichnete.

Er stellte alle Gefallenen des Bürgerkriegs auf eine Stufe, obwohl das Denkmal von franquistischen Siegern errichtet wurde und viele republikanische Opfer dort gegen ihren Willen begraben wurden. Aus diesem Grund wurde der Name nach dem geografischen Gebiet Valle de Cuelgamuros umbenannt. So erinnert es an die Opfer des Bürgerkriegs, nicht an den Mann, der ihn für seinen Aufstieg nutzte. 

Madrid war aber nicht nur das Zentrum der Diktatur, sondern auch des Wandels. Der Palacio Real, der Königspalast, war der Ort, an dem Juan Carlos I. nach Francos Tod die Weichen für die Demokratie stellte. Nicht weit davon entfernt sitzt das spanische Parlament, hinter dessen Mauern die neue Verfassung (1978) verabschiedet wurde. Es war der juristische Schlussstrich der Franco-Ära. 

Barcelona – Der Widerstand lebt weiter 

In kaum einer anderen Stadt war Francos Unterdrückung so brutal wie in Barcelona. Katalonien wurde zum Sinnbild der Rebellion gegen sein Regime und er ließ es dafür bluten. Die katalanische Sprache wurde verboten, die Kultur unterdrückt. Öffentliche Reden, Bücher und Zeitungen auf katalanisch wurden beseitigt, selbst private Gespräche in der Sprache galten als riskant.

Straßen und Plätze erhielten spanische Namen, wie zum Beispiel die “Gran Vía Diagonal”, die nach dem Einmarsch franquistischer Truppen in “Avenida del Generalísmo Francisco Franco” umbenannt wurde. Die traditionelle katalanische Identität wurde systematisch ausradiert. Schulen durften nur noch auf Kastilisch unterrichten.

Gedenkstätten wie die Fossar de la Pedrera, eine Massenbegräbnisstätte, in der unzählige Republikaner verscharrt wurden, erinnern an die Opfer. Barcelona hat sich die Erinnerung an den Widerstand bewahrt. Hier ist die Franco-Ära ein Teil der politischen Debatte der Gegenwart.

Die Stadt steht für eine der stärksten Unabhängigkeitsbewegungen Spaniens. Viele, die für ein unabhängiges Katalonien gekämpft haben, sehen darin einen späten Triumph über Franco. 

Santiago de Compostela – Die geteilte Heimat des Diktators

Wer an Franco denkt, verbindet ihn selten mit seiner Heimat Galicien. Und doch wurde er hier geboren – in Ferrol, einer Hafenstadt, die nach ihm benannt war. In Zeiten der Diktatur trug die Stadt noch den Namen “El Ferrol del Caudillo”, Francos selbst gewählter Titel als Anführer. Erst 1982, sieben Jahre nach seinem Tod, kehrte sie offiziell zu ihrem ursprünglichen Namen zurück. 

In Santiago de Compostela, dem kulturellen Herzen der Region, spiegeln sich die gespaltenen Ansichten über sein Erbe. In einigen galicischen Gemeinden gibt es bis heute eine gewisse Nostalgie. Franco präsentierte sich selbst gern als einfacher, galicischer Soldat, der Spanien vor dem Chaos bewahrt habe. Während andere Regionen, insbesondere Katalonien und das Baskenland, unter seiner Diktatur stark litten, blieb Galicien politisch ruhiger.

Die Region profitierte wirtschaftlich von seiner Herrschaft. Infrastrukturprojekte, Werften und Militärstützpunkte brachten Arbeitsplätze. Für manche ältere Einwohner war er daher weniger ein Diktator als ein Stabilitätsgarant. Jüngere Generationen hingegen kämpfen für eine kritische Aufarbeitung. 

Auf eine Zukunft in Freiheit

Ein Land, zwei Wahrheiten. Ein Gedenken, das spaltet. 2025 sollte eine Gelegenheit sein, die dunkle Vergangenheit Spaniens endlich aufzuarbeiten. Doch statt Einigkeit herrscht Streit. Statt kollektiver Erinnerung gibt es Widerstand. Die Regierung unter Pedro Sánchez will das Gedenken als Zeichen für die Demokratie setzen – ein Bekenntnis zur Freiheit, das die Zukunft prägt. Nicht alle sehen darin einen Fortschritt.

Die Konservativen und Rechtsextremen werfen der Regierung Geschichtsverzerrung vor. Die Franco-Zeit, so ihre Botschaft, dürfe nicht nur auf die Repression reduziert werden. Sie müsse im historischen Kontext betrachtet werden. Ein Satz, der in den Kreisen der Franco-Nostalgiker auf fruchtbaren Boden fällt. In Galicien oder Kastilien gilt der Diktator für manche noch immer als “Retter Spaniens”.

Das „Gesetz zur demokratischen Erinnerung” wird als Angriff auf das nationale Erbe diffamiert. Stattdessen fordern sie eine “neutrale” Betrachtung der Geschichte. Doch wie neutral kann ein Regime sein, das derart viele politische Gegnern ermordete? Wie erinnert man sich an eine Diktatur, wenn die Gesellschaft sich nicht einig ist, ob sie verdammt oder relativiert werden soll? Begegnet man der dunklen Zeit mit Konfrontation oder mit Schweigen?

All die Orte, Straßen, Denkmäler und Gedenkstätten zeigen Spanien als Symbol für Macht, Widerstand und Wandel. Wer dieses Land 2025 besucht, sieht nicht nur dessen Schönheit, sondern auch die Narben seiner Vergangenheit. Und er sieht eine Jugend, auf die es jetzt ankommt, die umsichtig ist und auch feiern kann.

Die Worte des García Lorca

Vielleicht trifft es Federico García Lorca durch die Worte seiner Heldin Mariana Pineda am besten, die wie ein Echo der unterdrückten Erinnerung klingen: ¡Morir! ¡Qué largo sueño sin ensueños ni sombras! Pedro, quiero morir por lo que tú no mueres, por el puro ideal que iluminó tus ojos: ¡Libertad!

Sterben! Was für ein langer Traum ohne Träume und Schatten! Pedro, ich möchte sterben für das, wofür du nicht stirbst, für das reine Ideal, das deine Augen erleuchtete: Freiheit!

Die Autorin

Alina Brammer engagiert sich in unserem Magazin für die Themen Unwelt, Literatur, Film und Geschichte. Bei dieser besonders aufwändigen Recherche hat sie einen Blick gewagt in das historische Wissen und Gewissen der spanischen Gesellschaft.