Buchrezension
Albert Sánchez Piñol: Der Untergang Barcelonas
Albert Sánchez Piñols Buch Victus gehört mit über 400 000 verkauften Exemplaren zu den Top-Sellern in Spanien. Es handelt vom Verlust der Unabhängigkeit Kataloniens vor 300 Jahren. Titel auf Deutsch: Der Untergang Barcelonas.
von Tobias Büscher
Wenn ein Film richtig knallt, kommt Teil 2. Bei Büchern ist das auch so. Albert Sánchez Piñol (*1965) hat mit dem Roman Victus unglaublichen Erfolg gehabt und arbeitet nun an einem Fortsetzungsroman.
Am 19. März 2015 hat der Autor das Buch Nummer 1 auf dem Kölner Literaturschiff vorgestellt. Es ist ein 720-Seiten-Schmöker über den aktuell politisch hochbrisanten Untergang von Barcelona im Jahr 1714, als die Spanier Katalonien einnahmen.
Eine Niederlage, die sogar Katalanen wie Pep Guardiola 300 Jahre später dazu animiert, die "Nationale Unabhängigkeit" Nordostspaniens einzufordern.
Victus: der Bestseller in Spanien
Brisanter Jubiläums-Stoff also. Doch Piñol ist anders als Guardiola oder Artur Mas kein eingefleischter Vorkämpfer für das Katalanische. Demokratische Wahlen sollen entscheiden, sagt er diplomatisch.
Als die Frankfurter Buchmesse 2007 das "Gastland" Katalonien zum Thema machte, blieb er zuhause. Und auch in diesem Buch weht er nicht mit gelbrote Fahne. Vielleicht hat ihn auch das so erfolgreich werden lassen.
Zuvi zwischen Rationalismus und Kriegswahn
Thema des Buchs: Der 14jährige Raufbold Zuvi lernt den Baumeister Vauban kennen, ein einst real existierender Meister des Festungsbaus mit vielen Bollwerken in den Pyrenäen.
Zuvi wird Lehrling, liebt den Mann wie seinen eigenen Vater und eifert Vauban nach. Es geht hier also um die Ratio der Konstruktionen gepaart mit dem Wahnsinn des Kriegs, der am 11. September 1714 unheilsam für Barcelona endete.
Und da sind wir schon nicht mehr bei Fabelwesen seiner früheren Bücher (siehe unten). Wir sind bei einem sehr engagierten Jungen aus Katalonien, der mit dabei ist, als die Region in Nordostspanien ihre Unabhängigkeit verliert.
Erst ein Hauch von Bulgakov ...
Albert Sánchez Piñol hat sich entwickelt von einem Nischenautor zu einem Bestseller-Lieferant. Ein Vorbild des spanischen Autors aus Barcelona war einst der russische Arzt und Autor Mikail Bulgakov.
Der hatte in den 1920er Jahren Fabelwesen auf drastische Art mit der Realität konfrontiert, etwa in Der Meister und Margarita und Die verhängnisvollen Eier.
Albert Sánchez Piñols vorherige zwei Bücher reichen ganz nah an diese Art des Romans heran. Im Rausch der Stille und Pandora im Kongo sind großartig geschrieben.
Denn seine Figuren - Erdwesen und Meereswesen - misst Anthropologe Piñol am menschlichen Verhalten. Doch Erfolg hatte er damit nicht wirklich, auch wenn es beide Bücher zum Glück auf Deutsch gibt.
Sie gehören zu den besten Büchern der aktuellen spanischen Literatur
König Felipe hatte 30 Zentimeter lange Fingernägel
Keine Frage: Der Autor ist sich auch mit dem Titel Der Untergang Barcelonas im Stil treu geblieben, erzählt so abwechslungsreich wie überraschend. Er beschreibt den Klang in den Gängen der sternförmigen Anlagen und den Wahn dieses Krieges.
Während der lit.COLOGNE in Köln im März 2015 sagte er dem Publikum: Die Kriegsingenieure waren die Schaltstellen der Macht. Den damaligen König Felipe V. habe er im Buch dagegen kaum erwähnt: "Er war eine Karikatur, der Mann hatte 30 Zentimeter lange Fingernägel und schlief gerne in Särgen."
Fazit: Sehr empfehlenswert. Die Hintergründe sind gut recherchiert, wie in einem historischen Roman nötig. Übrigens: Weil die Dokumente vorwiegend auf Spanisch vorlagen, hat der Autor diesmal das Original auf Spanisch und nicht in der Regionalsprache Katalanisch verfasst.
Details zum Buch
Autor: Albert Sánchez Piñol
Titel: Der Untergang Barcelonas
Roman, Hardcover
Übersetzerin: Susanne Lange
Lektorin: Isabel Kupski
Preis € (D) 24,99 €
ISBN: 978-3-10-061607-4
Das Letzte zum Schluss
Zuvi ist wie Pep Guardiola
Das Handelsblatt (7.3.2015) vergleicht die Haupt-Romanfigur Zuvi allen ernstes mit dem Trainer des FC Bayern. Titel: "Ein Held wie Pep Guardiola". Der Vergleich hinkt etwas, liebe Kollegen. Zuvi ist das spanische Wort für Langbein!