Magie in Spanien
Es gibt derzeit einen Boom des Okkulten, auch und gerade in Spanien. Was einst die Inquisition verfolgte, scheint im neuen Gewand langsam jede Religion in den Schatten zu stellen. Das hat mit der Suche nach dem Sinn in turbulenten Zeiten zu tun. Und war und ist auch immer politisch.
von Alina Brammer
Ein Film, der begann wie eine Komödie und plötzlich bitterernst wurde. Las brujas de Zugarramurdi, gedreht von Álex de la Iglesia, war 2013 ein Kinohit in Spanien mit 8 Goya-Preisen ausgezeichnet.
Die Geschichte: Zwei Männer auf der Flucht landen im abgelegenen Dorf Zugarramurdi, nur um dort auf eine Gemeinschaft von Hexen zu stoßen. Skurril, laut, überspitzt und doch verankert im Kern einer historischen Realität.
In den Hauptrollen glänzten Carmen Maura, Terele Pávez und Carolina Bang als finstere Matriarchinnen eines Hexenzirkels, der irgendwo zwischen Mythos und Wahnsinn wandelt. Obwohl der Film als schwarzhumorige Groteske daherkommt, ist sein Schauplatz kein Fantasieprodukt, sondern Teil der spanischen Kirchengeschichte.
Denn genau hier, im Norden Navarras, fand vor über 400 Jahren Spaniens größter Hexenprozess statt. Und heute? Heute ist die Magie zurück. Nicht als Gruselstory, sondern als Lebensgefühl.
Magie zwischen Teufel und TicToc
Ob online oder offline, weltweit lässt sich beobachten, wie Menschen sich wieder alter Magie zuwenden. Besonders sichtbar wird diese neue Spiritualität auch in Spaniens Städten. In Barcelona lädt „The Tarot Lounge“ zu Kartenlegungen bei Musik und Cocktails ein.
In Madrid eröffnen immer mehr Lokale mit ähnlichem Konzept wie das „horoscoffee“, wo man zwischen Flat White und Orakelrunde über den Sinn des Lebens spricht. Parallel dazu florieren digitale Hexenläden wie „La Libélula de Marta“ oder „Samsara Magia“, wo Amulette, Ritualkerzen oder Kräuterbündel verkauft werden.
Auf TikTok zeigen Tausende Kanäle wie @maraluck in kurzen Videos, wie sich bei Neumond die eigene Energie reinigen lässt oder mit einem Glas Wasser negative Schwingungen aus dem Raum verbannt werden.
Videos mit dem #WitchTok explodieren. Mehr als 8,3 Millionen Beiträge (Stand: April 2025) sind darunter zu finden. Die globale Hexen-Community wird immer größer. Tarotkarten werden gelegt, Schutzrituale geteilt, Neumondrituale gefeiert.
Junge Frauen sprechen darin über Selbstermächtigung, über innere Balance und über das Bedürfnis nach Kontrolle in einer Welt, die sich immer schneller dreht.
Erst Symbole, dann Selbstfürsorge
Das Wiederaufleben magischer Praktiken ist aber nicht nur eine Folge sozialer Netzwerke. Es ist auch eine Antwort auf tiefere Unsicherheiten. Die Pandemie hat beispielsweise vielen Menschen gezeigt, wie fragil ihr Alltag ist. Klimakrise, Kriege und Isolation.
Es wächst das Bedürfnis nach etwas, das größer ist als das eigene Ich. Es ist keine Religion mehr, sondern ein individuelles Glaubenssystem aus Naturverbundenheit, alten Symbolen und spiritueller Selbstfürsorge.
Hauptsächlich junge Frauen, selten auch Männer suchen in der Magie Schutz oder Trost, aber vor allem eine Form von Identität. Hexe sein heißt heute nicht mehr im Schatten zu stehen. Es heißt, sich selbst zu spüren, in Gemeinschaft zu sein und uraltes Wissen neu zu begreifen.
Damit wird die Magie plötzlich politisch. Feministisch. Sichtbar. In Navarra erinnert das Museo de las Brujas an die wahren Geschichten hinter dem Film. In Galicien führen spirituelle Guides entlang einer Druidenroute durch mystische Wälder bei Ourense.
Und Meigas, wie die Hexen hier heißen, haben Praxen wie Hausärzte samt Hexensekretärin in Halbzeit. Im Sommer versammeln sich Esoterik-Interessierte auf dem Festival Internacional do Mundo Celta de Ortigueira, wo Musik, Rituale und alte Mythen verschmelzen.
Spaniens spirituelle Landkarte wird neu gezeichnet mit Symbolen, die einst verboten waren und nun stolz getragen werden.
Wer heute über keltische Hochzeiten im Wald spricht oder Tarotkarten bei einem Cafébesuch legt, greift oft unbewusst auf ein Erbe zurück, das älter ist als Spanien selbst. Denn lange bevor Kirchen das Land prägten, bevor Inquisitoren durch Dörfer zogen oder TikTok-Videos Mondrituale erklärten, waren es Steine, Wälder oder Wasserquellen, die als heilig galten.
Die Magie, die heute wieder aufflammt, ist keine neue Erfindung – sie ist eine Rückkehr.
Vor allem der Nordwesten Spaniens – Galicien, Asturien und Kantabrien – gilt als das Herz dieser alten, spirituellen Welt. Hier vermischte sich früh die indigene Kultur mit dem Einfluss der keltischen Welt, die über den Atlantik aus Irland und Britannien herüber kam.
Spaniens magisches Erbe vor der Moderne
Händler, Seefahrer, vielleicht auch Siedler brachten nicht nur Werkzeuge und Symbole, sie überlieferten auch eine neue Art zu glauben. Das Ergebnis war eine einzigartige Verschmelzung aus Naturkult, Animismus und Ritualen, die in abgeschiedenen Regionen überdauerte.
Die sogenannten castros, eisenzeitliche Hügeldörfer, sind beispielsweise Stille Zeugen dieser keltischen Zeit.
Galicien wurde, genau wie Irland, die Bretagne oder Teile Schottlands, Teil eines keltischen Kulturkreises, der weniger geographisch als spirituell verbunden war. Diese Verbindung zeigt sich in Musik, Legenden und Bräuchen.
Nicht zufällig klingt die galicische Gaita, der Dudelsack, dem schottischen Pendant so ähnlich. Auch der mythische König Breogán, eine Gestalt aus der irischen Sagensammlung Lebor Gabála Érenn, gilt als Urahn der Galicier.
Die Legende erzählt, dass seine Heimat Brigantia, das heutige A Coruña, jener Ausgangspunkt war, von dem aus seine Nachkommen Irland entdeckten. Eine Statue am Herkulesturm hält diese Verbindung seit jeher lebendig.
Zwar ging die keltische Sprache in Galicien im Laufe der Jahrhunderte verloren, doch die Weltanschauung überlebte. Die Ordnung der Natur blieb heilig, versteckt in Festen und in Märchen. So glauben zum Beispiel die Einwohner weiter östlich, in den stillen Tälern Asturiens und Kantabriens, an Wesen, die unsichtbar sind.
Die Xana, eine Wasserfee mit leuchtend blondem Haar, soll an Quellen, Flüssen und Brunnen wohnen. In ihren Liedern schwingen die Sehnsucht und die Freiheit einer Welt, die lange von Männern erklärt, aber von Frauen bewahrt wurde.
Sie hüten Schätze, die sie manchmal verschenken, wenn man sie mit Ehrfurcht behandelt. Wer ihr Vertrauen gewinnt, dem gewähren die Xanas Wünsche, Heilung oder Schutz. Doch wer es wagt, sie zu betrügen, den trifft ihr Fluch.
Besonders in der Nacht von San Juan, wenn das Feuer lodert, Wasser und Himmel sich vermischen, steigen sie aus ihren Verstecken. Manche Legenden sagen, die Xanas seien verzaubert und gefangen zwischen den Welten.
Sie sind ein Echo basierend auf vielen Erzählungen über Frauen, die gebunden und befreit werden müssen, weil ihr Wissen zu mächtig erscheint.
Feste des Feuers: Wie Galicien den Jahreskreis feiert
Zentral in dieser spirituellen Welt war das Verhältnis zum Zyklus der Natur. Sonnenwenden wurden gefeiert, der Lauf des Mondes verehrt. Die Nacht von San Juan ist dabei lebendig geblieben, die in Galicien als Noite de Meigas (Nacht der Hexen) bekannt ist.
Das Fest, das vom 23. auf den 24. Juni stattfindet, hat heidnische Wurzeln: Feuer soll reinigen, Kräuter schützen, das Wasser beim Morgengrauen bringt Glück. Familien sammeln magische Pflanzen. Darunter Eisenkraut, Johanniskraut, Farn, Rosmarin und Rosenblüten, die sie über Nacht ins Wasser legen.
Am Morgen waschen sie sich damit das Gesicht, um das Böse fernzuhalten. Ein uralter Zauber, in moderner Kleidung.
Auch die Fiesta de los Maios, die in Galicien rund um den 1. Mai gefeiert wird, trägt Spuren keltischer Fruchtbarkeitsrituale. Im Zentrum steht der Maio, ein Baum oder eine Figur, geschmückt mit Moos, Blumen und Farnen, ähnlich dem Maibaum in Mitteleuropa.
Häufig werden Mädchen oder junge Frauen als “Mayas” verkleidet, eingehüllt in Blätter und Blüten, um den Frühling zu begrüßen. Ein Ritual, das die weibliche Kraft und Erneuerung feiert.
Diese Bräuche wurzeln im keltischen Beltane-Fest, das einst den Übergang in die fruchtbare Jahreszeit markierte. Feuer, Tänze und das Tragen von weißen Kleidern gehörten dazu. Symbole für Reinigung, Transformation und Lebenskraft.
In Galicien lebt diese Tradition fort, wenn kleine spirituelle Gruppen bei Sonnenuntergang Feuer entzünden und tanzen als bewusster Akt der Rückverbindung. Doch genau das Element Feuer, das in den Ritualen der Meigas für Heilung stand, wurde in den düsteren Tagen der Inquisition zum Flammenmeer, das jene verschlang, deren Wissen oder Anderssein als Bedrohung galt.
Nach der Reconquista: Erst die Mauren, dann die Frauen
Mit der Eroberung Granadas 1492 durch die katholischen Könige wurde Spanien zum Bollwerk des Katholizismus. Die Monarchie strebte danach, Glauben und Macht zu vereinen, um eine einheitliche Identität zu schaffen.
Im Zentrum dieser Verschmelzung stand die Kirche, die sowohl spirituelle als auch politische Kontrolle über das Reich ausübte. Ihre Lehren bestimmten, was als rechtmäßiger Glaube galt und was jenseits davon als Gefahr.
In diesem Klima der Kontrolle und Angst entstand 1478 die Spanische Inquisition. Sie sollte die Reinheit des Glaubens wahren und jegliche Form von Widerstand brechen. Frauen mit Heilwissen, die Geburten begleiteten oder Pflanzen gegen Krankheiten einsetzten, wurden schnell verdächtigt. Ihr Tun entzog sich der kirchlichen Aufsicht und genau darin sah man eine Bedrohung.
Die Angst vor dem Unbekannten und die Besessenheit, den Glauben rein und unangefochten zu halten, schufen eine Atmosphäre des Misstrauens. Vorstellungen wie jene des Abraxas – ein Symbol aus der gnostischen Tradition, das Gegensätze vereinte wie Licht und Dunkelheit, Heilung und Zerstörung – standen sinnbildlich für das, was die Kirche nicht dulden konnte.
Auch das Wissen der sogenannten Hexen bewegte sich in solchen Zwischenwelten. Sie heilten und fluchten, deuteten Träume, kannten die Kraft der Pflanzen. Solche Ambivalenz widersprach der dualistischen Weltanschauung der Kirche, die klare Grenzen zwischen Heiligem und Profanem zog.
Vermeintliche Hexerei wurde zur willkommenen Angriffsfläche für eine Kirche, die ihre Deutungshoheit sichern wollte.
Goya: Düsterer Spiegel der Zeit
Ein düsterer Spiegel dieser Zeit sind auch die Werke von Francisco de Goya. Ende des 18. Jahrhunderts, als die Inquisition langsam an Macht verlor, wagte der Maler, was zuvor undenkbar schien.
Er zeichnete das Grauen, das im Verborgenen lebte. Von Hexensabbaten, Dämonen und Teufelspakten. In Serien wie den Caprichos und Pinturas Negras verschmolz Goya Fantasie und Realität, Traum und Albtraum.
Seine Hexenbilder zeigen Wesen, die andere das Fürchten lehren und selbst von Angst und Wahnsinn getrieben scheinen. Hinter dieser düsteren Ästhetik steckt mehr als Fiktion. Sie spiegeln die gesellschaftliche Finsternis, in der Aberglaube, Machtstrukturen und Angst das Denken beherrschten und Unterdrückung festigten.
Eines seiner Motive „Contra el bien general” zeigt einen Esel, der über ein Buch gebeugt ist. Eine spitze Allegorie auf die Ignoranz der Mächtigen, die Bildung und Freiheit unterdrücken.
Zu Lebzeiten blieben viele seiner Werke unveröffentlicht, zu groß war die Gefahr, dass seine Kritik an Kirche und Gesellschaft ihn selbst zum Opfer machen könnte. Erst nach seinem Tod wurden viele seiner Werke ans Licht gebracht, als stiller Aufschrei gegen das Vergessen.
Diese Dynamik, die Goya in seiner Kunst aufgriff, fand ihren tragischen Höhepunkt in den Hexenprozessen von Zugarramurdi. Ein Kapitel, das die Konsequenzen von Angst und Intoleranz aufzeigt.
Zugarramurdi 1610 – Spaniens Hexenverfolgung
Wenn ein Galicier heute sagt: „No creo en las meigas, pero haberlas haylas” – „Ich glaube nicht an Hexen, aber geben gibt es sie” – dann klingt das wie ein Augenzwinkern. Doch es gab eine Zeit, da konnte ein solcher Satz Leben kosten.
Das weiß auch das spanische Kino. In Álex de la Iglesias Film Las brujas de Zugarramurdi (2013) landen zwei Männer auf der Flucht in eben jenem Dorf und geraten mitten in eine Gemeinschaft furchteinflößender Hexen.
Die Story ist fiktiv, doch der Ort ist real: Die Hexenhöhle von Zugarramurdi, in der weite Teile des Films spielen, war einst Schauplatz echter Inquisitionsprozesse. Die Figuren wirken überzeichnet, die Szenen grotesk.
Aber unter der Oberfläche behandelt der Film genau das, worum es auch 1610 ging. Angst, Kontrolle und weibliche Macht und die Frage, wer als „gefährlich” gilt und warum.
Im Sommer 1609 kehrte ein Mädchen namens María Ximildegui aus Frankreich in ihr kleines Heimatdorf Zugarramurdi zurück. Mit Geschichten über nächtliche Sabbate, geheimnisvollen Tänzen und Frauen, die sich mit dem Teufel verbündet hätten.
Was als Erzählung begann, wurde binnen weniger Monate zum Albtraum. Denn ihre Aussagen riefen die Inquisition auf den Plan.
Die Inquisition war ein kirchliches Gerichtssystem, das im Mittelalter geschaffen wurde, um Häresien (Abweichungen vom Glauben) zu bekämpfen. Die Spanische Inquisition unterstand direkt der Krone und diente sowohl als Glaubenskontrolle, als auch der Festigung politischer Macht.
Ein falsches Wort, eine unliebsame Nachbarin, und schon konnte jemand als Ketzer oder Hexe denunziert werden.
Der Schrecken von Zugarramurdi geschah im Norden Navarras, nahe der französischen Grenze. Angeblich fanden in der Cueva de Zugarramurdi Hexentreffen, die Akelarres, statt. Innerhalb eines Jahres wurden mehr als 300 Menschen beschuldigt, daran teilgenommen zu haben.
Hexen als Erfindung der Kirche und der Inquisition
Die Inquisitoren kamen dabei mit unglaubwürdigen und vorgefertigten Urteilen wie: Diese Frauen sollten mit dunklen Mächten im Bunde stehen, sich in Tiere verwandeln und mit einem Besen durch die Luft fliegen können. Sie sollen mit Luzifer selbst in fleischlicher Verbindung gestanden haben, Stürme über das Meer gejagt, Felder verhext und Krankheiten entfesselt haben.
Die Jagd auf vermeintliche Hexen machte aber auch vor anderen Teilen Spaniens keinen Halt. In Valencia endete 1655 ein Hexenprozess mit der Hinrichtung von 40 Menschen, darunter 31 Frauen.
In Katalonien waren es zwischen 1616 und 1619 sogar 300 Frauen, die den Weg zum Galgen antreten mussten. Manche Orte wurden regelrecht zum Synonym für Hexenverfolgung. Namen wie Caldes de Montbui, Vallgorguina, Terrassa, Ullastret oder Girona tragen bis heute den Schatten dieser Zeit.
Es existieren sogar noch Ortsnamen wie Pla de les Bruixes, die „Ebene der Hexen” oder alte Bräuche wie dem Palmzweig am Balkon, der jedes Jahr neu aufgehängt wird, um böse Geister fernzuhalten.
Jedoch ging der 7. und 8. November 1610 in die Geschichte ein. Bei der mehrtägigen Zeremonie, dem Autodafé (Akte des Glaubens), wurden 53 Personen in Logroño, darunter auch Männer und Kinder, angeklagt. 31 wegen Hexerei.
Elf „Hexen” wurden öffentlich verurteilt, sechs von ihnen verbrannten auf dem Scheiterhaufen – Domingo de Subildegui, María de Echachute, Maria Baztan de Borda, Maria de Arburu, Petri de Joangorena und Graciana Xarra.
Die anderen fünf starben noch vor dem Urteil in der Zelle, wegen der qualvollen Umstände oder weil sie Selbstmord begangen. Stattdessen wurden Puppen in ihrem Namen verbrannt. Viele waren Heilerinnen, Hebammen oder verwitwete Bäuerinnen, die abseits der Norm lebten.
Sie heilten mit Kräutern, kannten den Lauf des Mondes, wussten, wann eine Geburt kam und wurden dafür bestraft.
Interessant ist, dass ausgerechnet Alonso de Salazar, einer der Inquisitoren, nach dem Prozess Zweifel anmeldete. Er untersuchte die Vorwürfe und kam zu dem Schluss, dass viele Geständnisse unter Folter zustande gekommen waren oder schlicht aus Angst, Gerüchten und kollektiver Hysterie beruhten.
Durch seine Berichte veränderte sich der Umgang der spanischen Inquisition mit Hexenverfolgungen. Er schrieb: „No hubo brujas ni embrujadas en el lugar hasta que se comenzó a tratar y escribir de ellos.”
Es gab dort keine Hexen oder verhexte Frauen, bis man begann, sie zu behandeln und über sie zu schreiben. Zugarramurdi war der letzte große Fall dieser Art in Spanien.
Was früher unterdrückt wurde, kehrt heute zurück
Die Figur der Hexe, über Jahrhunderte dämonisiert, verfolgt und entmenschlicht, wird heute neu betrachtet.
Ihr Bild verändert sich, mit ihm die Erinnerung an das Wissen, das sie verkörperte. In feministischen Bewegungen steht sie heute als Sinnbild für Autonomie, für weibliches Wissen, für Widerstand.
Während der Inquisition starben mehr als 60.000 Menschen im gesamten europäischen Raum wegen Hexerei. Viele von ihnen waren Frauen, die heilten, deuteten oder anders waren.
Durch die Wiederentdeckung der Magie wird jedoch das Feuer für das vergessene Wissen dieser verstorbenen Frauen neu entfacht und als Vermächtnis in unsere Zeit getragen.
Die Hexe ist keine Außenseiterin mehr, sie ist ein leuchtendes Zeichen für Selbstbestimmung.
Zwischen Unsicherheit, Krisen und Entfremdung wächst der Wunsch nach Symbolen, die Halt geben: Kräuter stehen wieder für Heilung und Schutz, Tiere für spirituelle Begleiter und Sternzeichen für Selbstreflektion.
Es geht um Bedeutung, um das Gefühl Teil eines größeren Zusammenhangs zu sein.
Warum dieser Ruf nach alten Pfaden gerade jetzt? Vielleicht, weil traditionelle Religionen viele nicht mehr erreichen. Weil sich Menschen nach Eigenmacht und Erdung sehnen. Weil die Natur, der Körper, der Mond mehr sagen können als stumme Lehren.
Weil in einer Welt, die immer lauter wird, Stille, Feuer und Intuition zu einem persönlichen Zuhause werden können.
Und so endet diese Reise mit Worten, die heute auf spanischen Demonstrationen erklingen. Ein Echo der Vergangenheit, das in der Gegenwart leuchtet: „Somos las nietas de las brujas que no pudieron quemar.” Wir sind die Enkelinnen der Hexen, die nicht verbrannt werden konnten.
Die Autorin
Alina Brammer ist Mitarbeiterin dieses Magazins. Sie hat einen Faible für soziale Themen, Umwelt und Kunst.