Dani de la Torre im Porträt

Filme wollte Dani de la Torre schon immer drehen. Und das hat der Mann mit der dunkelumrahmten, großen Brille auch geschafft. Große Gläser haben ein größeres Sehfeld. Und das sieht man seinen Filmen an. Derzeit läuft sein neuer Film Live is Life in den spanischen Kinos. Für den Regisseur, der neben Kurzfilmen und Fernsehserien auch Thriller dreht, ist der Jugendfilm eine neue Facette seines künstlerischen Schaffens.

von Steffen Rück

Der Filmregisseur, Drehbuchautor und Filmproduzent Dani de la Torre ist einer der wenigen galicischen Filmgrößen, die über die Landesgrenzen hinaus bekannt sind. Sein Erfolgsrezept: Eine großen Portion Fleiß und die Leidenschaft, gute Drehbücher zu verfilmen.

Früh begeistert sich der junge Dani (Jahrgang 1975), heute verheiratet mit einer Ärztin, für die Welt des Films. In seiner Jugend ist er häufig mit der Videokamera in Monforte de Lemos unterwegs, die ihm seine Mutter geschenkt hatte. 

Mit dem Kurzfilm Minas geht es los

Nach der Schule studiert Dani de la Torre Film- und Fernsehwissenschaft an der Hochschule in Ourense. Gleichzeitig arbeitet er beim Fernsehsender Televisión de Galicia, dessen Spezialität ein Vollprogramm in galicischer Sprache ist.

Parallel dazu dreht er seine ersten Kurzfilme wie Minas (2004) und erreicht damit beachtliche Anfangserfolge. 'Minas' gewinnt beim Ourense Independent Film Festival den Publikumspreis und beim Almería International Short Film Festival den Preis für das beste Drehbuch. Im selben Jahr entsteht noch der Kurzfilm Lobos (2004), zwei Jahre später die Komödie Bon Días. Darin erzählt er die Geschichte des Börsenmaklers Ramón, den nur zwei Dingen in seinem Leben motivieren: Geld und Sex. 

Seit Serien gehyped und als Kunstform ähnlich ernst genommen werden wie Spielfilmen, wagt sich auch Dani de la Torre auf das TV-Serien-Parkett. 2010 führt er Regie und ist Co-Autor der zweiteiligen Miniserie Mar Libre. Mit María Vázquez, Miguel de Lira, Luis Zahera und José Ángel Egido stammten alle Schauspieler aus Dani de la Torres Heimat Galicien.

Durchbruch mit El Descoñocido

2015 dann der nächste große Schritt für den Regisseur aus Nordwestspanien: Sein Spielfilmdebüt „El Descoñocido“ (bei netflix: Anrufer Unbekannt) nach einem Drehbuch von Alberto Marini erzählt die Geschichte einer Erpressung: Banker Carlos (Luís Tosar) fährt seine Kinder in die Schule, als er einen Anruf erhält. Unter seinem Autositzen sei eine Bombe platziert. Sie explodiere, wenn er nicht schnell eine Menge Geld beschafft. In der Hauptrolle sein galicischer Landsmann und internationale Filmgröße Luís Tosar.

Dass sein Spielfilmdebüt selbst einschlagen würde wie eine Bombe, damit hat Dani de la Torre wohl kaum gerechnet: Der Film hat bei den Mestre Mateo Awards 2015 (Galicischer Filmpreis) zehn Preise gewonnen, darunter den für den besten Film, beste Regie, bester Schnitt und beste Schauspieler. Der Thriller wurde darüber hinaus mit dem Goya-Filmpreis für den besten Ton und Schnitt ausgezeichnet. 

In den Jahren 2016 bis 2018 folgen dann weiter Arbeiten mit und über das Fernsehen: Unter anderem Unha viaxe para contar (Eine Reise zum erzählen) und die 30. Ausgabe des Goya Awards, im Jahr 2018.

Freundschaft mit Luis Tosar

Mit Luis Tosar verbindet Dani de la Torre nicht nur der Job, sondern auch Freundschaft. Kein Wunder, denn beide kommen aus Galicien. Luis Tosar aus der Provinzhauptstadt Lugo und Dani de la Torre aus Monforte de Lemos, eine Stadt im Süden der Provinz Lugo. Eines Nachts kreuzen sich ihre Wege im Pub Matadero in Santiago de Compostela. Die beiden mögen sich auf Anhieb: "Ich verstehe ihn perfekt. Er ist jemand, den ich liebe", sagt Luis Tosar über den damaligen Regie-Neuling. 

Und weil sich das Team de la Torre/Tosar bei Filmprojekten als produktiv und harmonisch bewährt hat, war es für Dani de la Torre keine Frage, mit wem er in seinem nächsten Kinofilm La Sombra De La Ley (Gun City, 2018) die Hauptrolle besetzten würde.

In dem Thriller überfällt eine unbekannte Gruppe von Männern einen Zug des Militärs, der mit Waffen und Munition beladen ist. Inspektor Anibal Uriarte (Luís Tosar) soll im Auftrag der Polizei die Kriminellen finden, bevor es noch mehr Tote gibt. Der Film gewann drei Goya-Awards (für die beste Kamera, bestes  Kostümdesign und bestes Produktionsdesign) und zehn Mestre Mateo Awards, darunter den Preis für den besten Film und die beste Regie.

Neben Luis Tosar ist Dani de la Torre von seiner 84-jährigen Landsfrau Benedicta Sánchez begeistert. Sie hat die Spanier und ganz besonders Dani de la Torres Herz im Sturm erobert. Nach einem schwierigen und enthaltsamen Lebensweg schaffte es ihre Tochter Emma, der über 80-Jährigen eine Rolle in Oliver Laxes Film „O que arde“ (Fire will come) zu verschaffen. Es sollte die Rolle ihres Lebens werden. Benedicta Sánchez gewinnt den Preis als beste Schauspielerin bei den Mestre Mateo Awards 2020 und den Preis als beste neue Schauspielerin bei den Goya Awards 2020.

Dani del la Torre kommentiert den irren Erfolg seiner Landsfrau mit den Worten: "Sie begeistert mich, weil sie im hohen Alter ohne Vorkenntnisse im Film triumphiert hat".

Auch den deutschen Film beobachtet der Spanier mit Neugierde. Auf unsere Frage, ob er deutsche Filme und Regisseure mag, sagt Dani de la Torre: „Klar, mein deutscher Lieblingsregisseur ist Tom Tykwer und seine Serie Babylon Berlin“.

Sein neues Filmprojekt Live is Life

Dani de la Torres neuester Coup ist der Jugendfilm Live is Life. Er schildert das Abenteuer von fünf Freunden im Jahr 1985.

Handlung: Wie jedes Jahr in den Ferien verlässt Rodri Katalonien, um in die galicische Heimat seiner Eltern zu fahren. Dort trifft er sich mit seinen Freunden und seiner alten Bande. Für ihn und seine Freunde ist dieses Jahr jedoch anders. Probleme tauchen in ihrem Leben auf und drohen, die Gang zu trennen.

Die fünf Freunde glauben aber an ihre Freundschaft und den inneren Zusammenhalt und begeben sich in der Johannisnacht mit ihren Bonanza-Rädern auf die Suche nach der magischen Blume, die der Legende nach hoch oben auf einem Berg wächst und Wünsche erfüllen kann. 

Der Film wurde im galicischen Hinterland gedreht. Doch das Drehbuch schrieb der Katalane Albert Espinosa, auch bei uns bekannt durch die Serie "Club der roten Bänder".

Persönlicher Tipp des Regisseurs für unsere Leser

Abschließend lässt uns Dani de la Torre noch wissen, warum wir in der kommenden Urlaubssaison unbedingt seine Heimat Galicien besuchen sollten:

"Lasst Euch das nicht entgehen, weil Galicien ein magisches Gebiet ist, weil man fantastisch isst und weil wir Galicier euch mit offenen Armen empfangen." 

Gracias, Dani
 

Weiterführende Links

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Der Regisseur Alejandro Amenábar im Porträt

In Galicien gedrehte Filme
 

Der Autor

Steffen Rück hat Geisteswissenschaften an der Uni Köln studiert. Vor, während und nach dem Studium war er für namhafte TV-Produktionsfirmen als Rechercheur und in der Postproduktion tätig.