Spaniens starke Frauen

Heldinnen Spaniens zwischen Mythos, Geschichte und Gegenwart. Sie kämpften und kämpfen mit Worten, mit Farben, mit bloßen Händen und wurden zu Heldinnen, die kaum jemand kennt. Manche wurden gefeiert, andere jahrzehntelang verschwiegen. Sie alle veränderten Spanien. Auf den Schlachtfeldern, in Ateliers und auf den Straßen. Dies ist die Geschichte der spanischen Frauen, die wahrlich Respekt verdienen.

Von Alina Brammer

Feminismus ist in Spanien längst keine Randbewegung mehr. Er ist politisches Programm, gesellschaftlicher Aufbruch und kultureller Kampf zugleich. Während in Deutschland der Frauenanteil im Bundestag bei 32,4 % stagniert, liegt er in Spanien bei 44,3 %.

Die Regierung unter Pedro Sánchez hat feministische Politik zur Priorität erklärt. Er betont, dass „400 neue Maßnahmen zum Schutz von Minderjährigen und von Opfern stellvertretender Gewalt, zur Bekämpfung wirtschaftlicher und digitaler Gewalt sowie zur Bekämpfung von sexueller Gewalt, Frauen- und Mädchenhandel zum Zwecke der Ausbeutung und von Zwangsheiraten" eingeführt werden sollen, so die Webseite der Regierung Spaniens.

Zudem wurde das Abtreibungsrecht liberalisiert, und Spanien ist das erste europäische Land, das einen bezahlten Menstruationsurlaub eingeführt hat. Doch der Weg zur Gleichstellung ist nicht frei von Spannungen.

Am Internationalen Frauentag 2025 gingen in Spanien erneut Zehntausende auf die Straßen, jedoch in getrennten Demonstrationen. Unterschiedliche feministische Strömungen, etwa in der Haltung zu Transrechten oder zur Prostitution, zeigen, wie vielfältig und zugleich herausfordernd der feministische Diskurs ist.

Entwicklung der feministischen Bewegung in Spanien

Auf kommunaler Ebene zeigen Städte wie Xátiva und Elda besonderes Engagement. Xátiva hat Fördermittel für lokale Frauen- und LGBTIQ+-Initiativen bereitgestellt, um die Gleichstellung und Vielfalt zu fördern.

Elda investiert über 200.000 Euro in Programme für Jugend, Diversität und Solidarität, einschließlich Kampagnen zur Sensibilisierung für LGBTI-Rechte und Gleichstellung.

Diese Entwicklungen spiegeln eine tief verwurzelte feministische Bewegung wider, die sowohl auf politischer Ebene, als auch in der Zivilgesellschaft und Kultur verankert ist.

In Städten wie Málaga formieren sich Gruppen wie Puntos Subversivos, die lautstark gegen patriarchale Strukturen protestieren. In Barcelona arbeitet das Ministerium für Gleichstellung und Feminismen an reproduktiven Rechten, und Organisationen wie das Open Cultural Center veröffentlichen feministische Manifeste von Care-Arbeiterinnen. 

Selbst die Medienlandschaft verändert sich. Plattformen wie AmecoPress oder Tribuna Feminista geben gezielt Frauen das Wort, die sonst überhört werden. Feministische Magazine wie Andaina oder historische Vorreiter wie Feminal zeigen, dass Sichtbarkeit eine Frage der Gegenwart und der Erinnerung ist.

Sie knüpfen an eine lange Tradition, weiblicher Stärke und Widerstandsfähigkeit in Spanien an. Von historischen Figuren bis hin zu zeitgenössischen Aktivistinnen.

Denn lange bevor Hashtags, Magazine oder feministische Förderprogramme existierten, waren es Frauen selbst, die sich ihre Sichtbarkeit erkämpfen mussten.

Frauen in Spaniens Kriegen

Kriege waren lange der Inbegriff einer männerdominierten Welt. Das Schlachtfeld galt als exklusiver Raum für Stärke, Strategie und Ruhm. Alles Attribute, die im historischen Gedächtnis fest an männliche Heldenfiguren gekoppelt wurden.

Umso bemerkenswerter sind jene Momente, in denen Frauen in diese Räume eindrangen. Frauen, die zurückschlugen und in einer Zeit kämpften, in der sie offiziell zwischen Bajonetten, Granaten und Befehlen nichts zu suchen hatten. 

Im Spanischen Unabhängigkeitskrieg (1808-1814) drängten Frauen mit aller Kraft in diesen Raum der Gewalt. Agustina de Aragón (1786-1857), die berühmteste unter ihnen, lud unter Beschuss eine Kanone und feuerte auf die französischen Truppen in Zaragoza. Casta Álvarez Bravo (1786-1846), ebenfalls in Zaragoza aktiv, tötete französische Soldaten im Nahkampf.

Und auch Clara del Rey Calvo (1765-1808) kämpfte entschlossen auf den Straßen, während Manuela Malasaña (1791-1808), eine spanische Näherin, in Madrid durch Soldaten Napoleons getötet wurde.

Besonders auffällig: Zaragoza war ein Brennpunkt weiblichen Widerstands. Sie kämpften an der Front, halfen Verwundeten und riskierten alles. Doch ihre Namen? Verschwinden im Schatten männlicher Heldenstatuen.

Kaum jemand erinnert sich an sie, kaum ein Schulbuch nennt sie. Die Gräfin von Bureta (1780-1856), die medizinische Versorgung organisierte, oder María Bellido (1755-1808), die in Bailén trotz Beschuss Wasser an die Soldaten reichte, gelten höchstens als Randfiguren.

Dabei waren sie die Trägerinnen der Frontlinien, nur eben in einer Welt, die ihnen nie eine eigene Rolle schreiben wollte. 

Kaum eine Frau steht so sinnbildlich für weibliche Entschlossenheit im Angesicht männlicher Übermacht wie María Pita (1565-1653). Als einfache Fleischersfrau aus A Coruña trat sie 1589 während der Belagerung durch die englische Armada unter Sir Francis Drake hervor.

Die Verteidigung der Stadt drohte zu brechen. Ihr Ehemann war soeben gefallen, doch María rannte nicht weg. Sie griff zur Hellebarde, tötete eigenhändig den englischen Bannerträger – den Bruder von Admiral Drake – und rief der Bevölkerung zu:

„¡Quien tenga honra, que me siga!” (Wer Ehre hat, folge mir!)

Ihr Ruf war zugleich ein Appell zum Widerstand, als auch ein Frontalangriff auf die männliche Deutungshoheit über Ehre und Heldentum. Sie durchbrach in einem einzigen Moment die Grenze zwischen der Frau als passives Opfer und der Frau als politische und militärische Akteurin.

Die Stadt überlebte, weil sie voranging. María Pita wurde zur Heldin Galiciens, zur Namensgeberin eines Stadtplatzes, zur Figur des lokalen Stolzes. Aber auch ihr Bild wurde oft weich gezeichnet: Die Kämpferin wurde zur tapferen Witwe, die Strategin zur zufälligen Heldin.

Dabei war sie mehr als das. Sie war eine Frau, die ein Symbol der Selbstermächtigung wurde, in einer Welt, die Frauen zum Schweigen, zum Warten und zum Erleiden verurteilte.
Wenn Macht nicht weiblich gedacht war – und Frauen trotzdem Geschichte schrieben. 

Spanierinnen und das Frauenwahlrecht

Frauen, die wählen durften, waren für Spanien lange eine Zumutung. Ihre Stimme galt als zu emotional, zu ungebildet, zu gefährlich. Erst 1931, nach hartnäckigem Druck durch die Juristen und Abgeordnete Clara Campoamor, wurde das Frauenwahlrecht offiziell eingeführt.

Zwei Jahre später durften Spanierinnen zum ersten Mal in der Geschichte ihr Kreuz auf den Wahlzettel setzen. Was für Männer selbstverständlich war, wurde bei Frauen als Risiko verhandelt.

Als der Bürgerkrieg Spanien von 1936 bis 1939  in Trümmer legte, fiel mit ihm auch die politische Teilhabe der Frauen. Unter Francisco Franco wurde ihre Rolle wieder auf Küche, Kirche und Kinder reduziert. Wählen war erlaubt, aber bedeutungslos. Denn das System ließ keine echte Opposition zu. 

Und doch war die spanische Geschichte nie frei von weiblicher Macht. Mal tauchte sie auf in Palästen, mal auf Barrikaden. Aber jedes Mal, wenn eine Frau sich ein Stück Autorität nahm, versuchten mächtige Männer sie zu bremsen, zu kontrollieren oder sie zum Schweigen zu bringen. 

Berenguela von Kastilien (1180-1246) war eine dieser Frauen. Anfang des 13. Jahrhunderts hätte sie den Thron behalten können. Stattdessen nutzte sie ihn, um ihr Reich zu sichern. Sie übergab die Krone an ihren Sohn Ferdinand III., nicht aus Schwäche, sondern aus Strategie.

Denn sie wusste: Nur ein geeinter Thron würde die christliche Reconquista gegen die Mauren ermöglichen. Sie war Königin, aber vor allem Architektin eines vereinten Spaniens. Ihr Verhalten war klug, diplomatisch und wirksam. Doch während Männer wie Ferdinand in Schulbüchern gefeiert werden, kennt man ihren Namen kaum.

Ganz anders ist der Fall von Juana I. von Kastilien (1479-1555), besser bekannt als Juana la Loca. Ihr stand die Krone offiziell zu, doch wurde sie nie als Herrscherin akzeptiert. Nach dem Tod ihres Mannes Philipp dem Schönen wurde sie zur Spielfigur zwischen Vater und Sohn, zwischen Machtanspruch und angeblichem Wahnsinn.

Ihr Vater Ferdinand II. und später ihr Sohn Carlos I. sperrten sie über 40 Jahre lang in der Kleinstadt Tordesillas ein. Warum? Weil sie nicht lenkbar war. Weil sie trauerte, weinte, dachte und weil all das bei einer Frau nicht Königin, sondern „verrückt“ bedeutete.

Aus diesem Grund bekam sie den Beinamen „la Loca“ – die Wahnsinnige. Das war sie jedoch keineswegs. Sie war nur zu frei für eine Welt, die Gehorsam über den Geist stellte. Tordesillas, ein Ort in der Provinz Valladolid, wurde so zum Symbol für die politische Entmündigung weiblicher Herrschaft.

Macho-Männerstatue mitten in Valladolid 

Die Statue von Felipe II im Zentrum von Valladolid zeigt den König erhoben, mit ernstem Blick in voller königlicher Pose, mit Rüstung und Machtsymbolen. Wer davor steht, spürt sofort, was hier dargestellt wird: Autorität, Kontrolle und männliche Größe.

Es ist das Bild eines Spanien, das Macht mit Männlichkeit gleichsetzt – ein Sinnbild jenes Machismo, der über Jahrhunderte hinweg das Denken, Deuten und Darstellen politischer Überlegenheit geprägt hat.

Valladolid, einst königliche Hauptstadt, trägt bis heute dieses historische Erbe sichtbar zur Schau. Nicht im Sinne von Rückständigkeit, sondern als Spiegel einer lange männlich dominierten Geschichtsschreibung.

So zeigt eine Analyse von Geocyl aus dem Jahr 2019, dass rund 89 % der Straßen in Valladolid nach Männern benannt sind und nur etwa 11 % nach Frauen. Dieses Ungleichgewicht ist kein lokales Phänomen, sondern steht stellvertretend für ein strukturelles Muster. Es zeigt, wie Sichtbarkeit selbst zur Frage der Macht wird. 

Weibliche Anführerin: La Pasionaria

Gerade deshalb wirkt es wie ein symbolischer Bruch, wenn der Blick sich von hier aus einer Frau wie Dolores Ibárruri (1895-1989), genannt La Pasionaria, zuwendet.

Einer, die sich nicht unterordnete, sondern laut aufstand. 1936, zu Beginn des Bürgerkriegs, rief sie von einer Tribüne in Madrid der Welt zu: No pasarán! – Sie werden nicht durchkommen.

Ihr Ruf ist nicht nur politisch, er ist existenziell. Für die Republik, für die Armen, für die Frauen. Als Kommunistin, Rednerin und Parteiführerin ist sie alles, was das Franco-Regime fürchtet. Sie ist eine Frau mit Haltung, Überzeugungen und einer Stimme, die nicht überhört wird. 

Und Stimmen wie diese hallen weiter – heute in anderen Tonlagen, aber mit derselben Entschlossenheit. Eine davon gehört Emma Buj Sánchez, Bürgermeisterin von Teruel. Seit 2016 steht sie an der Spitze der Provinzhauptstadt, als erste Frau überhaupt.

Buj ist Mitglied der konservativen Partido Popular und spricht über Gleichstellung mit voller Überzeugung: „Die Frau ist entschlossen in die Politik eingetreten, und zwar aus einer Position der Gleichberechtigung heraus“, betonte sie 2024 in einem Interview mit El Periódico de Aragón. Eine klare Botschaft: Die politische Bühne gehört heute auch denen, die man früher übersehen hat.

Das Frauenwahlrecht mag heute Gesetz sein. Aber das Recht, Einfluss zu nehmen, Geschichten zu schreiben oder gehört zu werden, das muss immer noch erkämpft werden. Sie hatten keine Angst, gesehen zu werden.

Der Mut der spanischen Künstlerinnen

Auch die Kunstgeschichte Spaniens ist voll von großen Namen – Picasso, Dalí, Veláquez. Alles Männer. Ihre Werke hängen in Museen, ihre Gesichter zieren Geldscheine und ihre Geschichten gelten als Synonym für Kreativität.

Frauen hingegen wurden im exklusiven Club der Kunstwelt oft nur als Musen oder Randfiguren geduldet. Doch auch die Hände der Frauen malten, schrieben und revolutionierten. Künstlerinnen galten lange als Ausnahmeerscheinung, als "Ausreißerinnen" aus der häuslichen Rolle.

Viele wurden von Galerien ignoriert, von Verlagen kleingeschrieben oder tauchten dann auf, wenn es nur ein Pseudonym war, wie im Fall Carmen Mola. Hinter dem Namen standen männliche PR-Profis (siehe unten).

Maruja Mallo (1902-1995) gehörte zu denen, die sich früh gegen das Korsett gesellschaftlicher Erwartungen stemmten. Sie trug keine Hüte, im wörtlichen wie im symbolischen Sinne. Mit den „Sinsombrero”, einer rebellischen Künstlerinnengruppe der 1920er Jahre, setzte sie ein Zeichen gegen den Konservatismus einer männlich dominierten Avantgarde.

Ihre Bilder schillern zwischen Surrealismus und sozialer Kritik – Körper, Natur, Maschinen, Rhythmen der Moderne. Während ihre männlichen Kollegen zu Legenden wurden, wurde sie vom aufkommenden Franco-Regime ins Exil gedrängt.

Ihre Nähe zur republikanischen Linken und ihr künstlerischer Nonkonformismus machten sie zur Zielscheibe der faschistischen Macht. Erst ab den 1980er Jahren, mit dem Tod Francos, erinnerte man sich wieder an ihr Werk.

1982 erhielt sie ihre erste große Retrospektive in Spanien. Heute zählt sie zu den kraftvollsten Künstlerinnen der Moderne und als leuchtendes Beispiel dafür, wie Kunst auch Widerstand sein kann.

"Ich bin Feministin, seit ich 12 bin"

Leuchtend ist auch das richtige Wort, wenn man den Blick einige Jahrzehnte weiter nach vorne richtet. Eine Frau, die nicht mit Ölfarbe, sondern mit Textilien gegen die Tristesse kämpfte: Ágatha Ruiz de la Prada.

Seit den 1980er Jahren bringt sie mit ihren knalligen Farben, Herzen und überdimensionalen Formen, ein ganz eigenes Verständnis von Freiheit und Weiblichkeit auf die Laufstege. Für sie ist Mode mehr als Zier.

Sie ist ein Statement gegen Normen, Langeweile und Unsichtbarkeit.

„Ich bin Feministin seit ich zwölf Jahre alt bin“, sagte sie einmal. Ihre Entwürfe sind schrill, verspielt, laut und genau deshalb subversiv. In ihrer Welt ist das Anderssein ein Konzept.

In der Welt von Elisa Sánchez Loriga und Marcela Gracias Ibeas war es ein Verbrechen.

Hochzeit zweier Frauen, eine verkleidet als Mann

„Wer waren diese Frauen, deren Namen nur heimlich geflüstert wurden?“ Mit dieser Frage beginnt der Netflix-Film Elisa y Marcela, der ihre Geschichte erzählt. Zwei Frauen, die 1901 in A Coruña nicht nur die Liebe zueinander, sondern auch eine Form von queerer Zukunft träumten.

In einem Akt, der heute wie ein Film klingt, gab sich Elisa als Mann aus, nannte sich „Mario Sánchez“ und heiratete Marcela in einer katholischen Kirche mitten im klerikal geprägten Spanien. Die Täuschung flog auf, nachdem lokale Zeitungen über das auffällige Paar berichteten und Nachbarn begannen, Verdacht zu schöpfen.

Eine medizinische Untersuchung durch die Behörden enthüllte schließlich Elisas wahres Geschlecht. Das Paar floh daraufhin über Portugal nach Argentinien, wo sich ihre Spuren später verloren. Doch ihr Mut schrieb Geschichte: Sie gelten heute als das erste gleichgeschlechtliche Ehepaar Spaniens, auch wenn ihre Ehe nie offiziell anerkannt wurde.

Erst 2005 wurde die gleichgeschlechtliche Ehe im spanischen Gesetz verankert. Ein Meilenstein, der deutlich macht, wie lang der Weg von heimlich geflüsterten Namen zu gesetzlichen Rechten wirklich war.

Eine kleine, zunächst unscheinbare Szene im Film macht sichtbar, wie früh dieser Kampf eigentlich beginnt. Nicht erst mit der Liebe, sondern schon beim Lesen. Als Elisa ein Buch zu Marcela nach Hause bringt, wirft Marcelas Vater einen einzigen, verächtlichen Satz in den Raum: „Es gibt einige Bücher, die bewirken nichts Gutes.“

Ein Satz, der alles verrät: Wer Bildung kontrolliert, kontrolliert auch Freiheit. Denn Bücher machen nicht nur klüger, sie machen gefährlich.

Vielleicht ist es kein Zufall, dass über ein Jahrhundert später ein weiblicher Name zur Tarnung wurde. Die einen kämpften um das Recht zu lesen. Die anderen erfanden eine Frau, um besser verkauft zu werden. Willkommen im Literaturbetrieb des 21. Jahrhunderts. 

Der Fall Carmen Mola

Ein Name, der die spanische Literaturszene elektrisierte, war Carmen Mola. Harte Thriller, komplexe Frauenfiguren und viele gefeierte Werke. Und doch war Mola keine Frau, sondern ein kollektives, männliches Pseudonym.

Es waren drei Drehbuchautoren, die sich eine Autorin ausdachten, um den Nerv des Marktes zu treffen: Jorge Díaz, Agustín Martínez und Antonio Mercero. 2021 gewannen sie den renommierten Premio Planeta.

Doch bei der Preisverleihung fiel die Maske. Die Reaktionen schwankten zwischen Empörung, Faszination und einem kollektiven Kopfschütteln. Nicht, weil Männer unter einem Pseudonym schrieben, sondern weil der weibliche Name hier gezielt instrumentalisiert wurde. In einer Branche, in der Autorinnen oft kämpfen müssen, um ernst genommen zu werden. Dieser Schachzug wirkte wie eine Ohrfeige.

Es war ein Spiel mit Identitäten auf Kosten jener, die sich ihre Sichtbarkeit mühsam erarbeiten müssen. 

Auch wenn es heute feministische Kollektive, neue Förderprogramme und Museen gibt, die sich bemühen, das Ungleichgewicht sichtbar zu machen, so liegt der Anteil der Künstlerinnen in nationalen Ausstellungen Spaniens immer noch unter 30%.

Das beweist die Studie (2023) „En manos de mujeres” vom Instituto de Arte Contemporáneo (IAC). Dabei sollte die Zukunft der Kunst geschlechtergerecht sein. Genau deshalb beginnt manchmal die Gerechtigkeit einfach mit dem Erzählen.

Feminismus in Film und Fernsehen

Bis in die 1980er Jahre war auch Spaniens Fernsehlandschaft klar gegendert. Frauen präsentierten das Wetter oder führten durch leichte Unterhaltungssendungen, während Männer die politischen Debatten dominierten.

Frauen wurden hier oft auf dekorative Funktionen reduziert. Mit dem demokratischen Wandel nach dem Ende der Franco-Diktatur begann sich dieses Bild langsam zu verändern. Heute stehen Journalistinnen wie Ana Pastor und Mónica Carrillo exemplarisch für diese Entwicklung.

Ana Pastor hat sich als investigative Journalistin einen Namen gemacht. Mit ihrer Plattform Newtral setzt sie sich für Faktenprüfung gegen Desinformation ein, oft in einem politischen Klima, das von Polarisierung geprägt ist.

Ihre Arbeit steht für einen Journalismus, der kritisch, unabhängig und feministisch informiert. Mónica Carrillo, bekannt als Nachrichtenmoderatorin bei Antena 3, bringt nicht nur Nachrichten, sondern auch Empathie und literarisches Feingefühl in die Medienlandschaft.

Als Autorin und Journalistin verbindet sie Information mit Emotionen und zeigt, dass journalistische Kompetenz und weibliche Perspektiven sich nicht ausschließen, sondern bereichern.

Beide beweisen in der Öffentlichkeit, dass Gleichstellung keine Verhandlungsmasse, sondern Grundvoraussetzung für einen fairen Journalismus ist. Pastor bringt es in einem TV Interview auf den Punkt: „Feminismus ist Gleichheit, Punkt.” Auch Carrillo bezieht klar Stellung: „Ich werde mich immer auf die Seite des Feminismus stellen, weil es die Seite der Gleichheit und der Gerechtigkeit ist.” 

Und manchmal findet Feminismus in der Medienwelt auch dann noch einen Raum, wenn man ihn nicht mehr erwartet. Benedicta Sánchez, die mit über 80 Jahren in dem Film O que arde ihr Debüt gab, wurde 2020 mit dem Goya für die beste Nachwuchsdarstellerin ausgezeichnet.

„Das Leben hält Überraschungen bereit, und dies ist eine sehr große in meinem langen Leben“, sagte sie in ihrer Dankesrede. Dass eine ältere Frau so viel Aufmerksamkeit bekam, war nicht nur bewegend, es war politisch.

Kuss im Frauenfußball macht Schlagzeilen

Beim WM-Finale 2023 küsste Spaniens Fußballverbandschef Luis Rubiales die Nationalspielerin Jennifer Hermoso ungefragt auf den Mund. Millionen sahen es live. Was folgte, war keine Entschuldigung, sondern ein Machtspiel.

Hermoso widersprach öffentlich der Version von Rubiales und wurde dafür angegriffen. Von Funktionären, Medien und sogar Teilen der Gesellschaft. Dass sie am Ende nicht schwieg und stattdessen klagte, war mehr als ein persönlicher Akt.

Es war ein feministisches Statement gegen jahrzehntelanges Wegschauen im Sportbetrieb.

Abseits des Rasens gibt es zudem Frauen, die in männlich dominierten Systemen Großes geleistet haben, wie zum Beispiel Arantxa Sánchez Vicario. Sie ist eine der erfolgreichsten Tennisspielerinnen Spaniens.

Ihre Karriere war geprägt von Stärke und medialer Aufmerksamkeit, aber auch von familiärem Druck und wirtschaftlicher Ausbeutung hinter den Kulissen. 2005 setzte sie ein öffentliches Zeichen gegen geschlechtsspezifische Gewalt, als sie sich für eine feministische Fotoausstellung mit inszenierten Verletzungen ablichten ließ.

Ihr Statement dazu war klar: „Das hier ist nur virtuell, aber Misshandlung passiert wirklich.” Eine Erinnerung daran, dass Erfolg nicht immer Schutz bedeutet, wenn Machtverhältnisse unausgeglichen bleiben:  „Nur eine unermüdliche feministische Arbeit kann die Gleichstellung der Geschlechter verwirklichen.“

María Domínguez, die erste demokratisch ernannte Bürgermeisterin Spaniens, brachte es mit diesem Satz auf den Punkt: Echte Gleichstellung fällt nicht vom Himmel. Sie braucht Ausdauer, Haltung und den Mut, sich immer wieder für die eigenen Rechte stark zu machen.

Feminismus ist keine Einzelleistung, es ist ein kollektiver Atemzug. Getragen von jeder, die kämpft, von jedem, der zuhört und von all jenen, die das System hinterfragen. Ob auf der Straße oder im Alltag, laut oder leise.

Frauen von damals haben nicht für sich allein gestritten. Sie haben einen Weg geebnet, auf dem wir heute gehen können. Auch wenn dieser Weg längst nicht zu Ende ist, wissen wir: Wir gehen nicht allein.

Denn je mehr wir über Frauen wie Dolores, Maruja oder Elisa und Marcela sprechen, desto weniger lassen sich heutige Stimmen wieder zum Schweigen bringen. 

Die Autorin

Alina Brammer ist Mitarbeiterin dieses Magazins. Sie hat einen Faible für soziale Themen, Umwelt und Kunst.