Hilfe für Nordspaniens Bären

Die kantabrischen Braunbären haben ein kleines Wunder vollbracht. Nachdem sie in Spanien fast ausgestorben waren, ist ihr Bestand auf über 350 Tiere angewachsen. Schutzmaßnahmen, gezielte Wiederaufforstung und nachhaltige Projekte haben dazu beigetragen. Doch während im Westen des Kantabrischen Gebirges immer mehr Bären durch die Wälder streifen, kämpfen ihre Artgenossen im Osten ums Überleben.

von Alina Brammer

Die Population dort im Osten der Picos de Europa ist stark isoliert und Wilderer setzen den Tieren zu. Nur noch etwa 20 bis 25 Bären leben dort. 2022 wurden in Quirós und nahe des Biosphärenreservat Muniellos zwei Bären erschossen. Und das in einer der bestgeschützten Gebiete Spaniens.

Ein alarmierendes Zeichen. Die Umweltpolizei konnte zwar einige Täter festnehmen, doch der Schutz der Bären bleibt eine Herausforderung. Im ganzen Land eskalieren immer wieder Konflikte mit Viehzüchtern und Imkern, die zu Vergeltungsaktionen führen.

Wilderer bedrohen Spaniens letzte Bären  

Noch in den 1960er Jahren war in Spanien der Abschuss der Bären erlaubt. Zwar stehen sie heute unter Schutz, doch illegale Jäger sind weiterhin ein großes Umweltproblem. Im Osten jagen Wilderer die Tiere mit Pferden, treiben sie durch die Wälder und filmen ihre Abschüsse sogar mit dem Handy. Die Täter nutzen dazu oft Giftköder oder Schlingfallen. Grausame Methoden, die auch andere Wildtiere gefährden.

Die EuroNatur Stiftung hat deshalb die Kampagne „Rettet Spaniens letzte Bären!“ ins Leben gerufen. Ziel ist es, mehr Ranger in den gefährdeten Gebieten einzusetzen, neue Schutzgebiete zu schaffen und härtere Strafen für Wilderer zu fordern.

Wie sich Spaniens Bären neue Lebensräume zurückerobern

Um die Bären in sichere Gebiete zu lenken, kauft oder pachtet die Organisation Fondo para la Protección de los Animales Salvajes (FAPAS) verlassene Bergbauernhöfe. Sie arbeiten gezielt in Proaza, Quirós, Teverga und Santo Adriano, um die Verbindung zwischen Ost- und Westpopulation zu stärken.

Dabei setzt FAPAS auf nachhaltige Lösungen. Wildobstbäume und Kastanien werden gepflanzt, da Früchte eine Hauptnahrungsquelle sind. Bärensichere Bienenstöcke ermöglichen den Tieren den Zugang zu Honig, ohne die Bienenvölker zu gefährden.  

Das Projekt „Früchte für die Bären“ schafft zusätzliche Futterquellen. Auch natürliche Nahrungsmittel wie Kadaver von Pferden und Eseln dürfen seit 2009 wieder ausgelegt werden. Früher war dies verboten, um Krankheiten einzudämmen. Dank dieser Maßnahmen siedeln sich Bären wieder in neuen Gebieten an.

Bären auf Honigjagd

Bären lieben Honig. Das hat uns schon Winnie Puuh beigebracht. Und auch die asturische Fremdenführerin Beatriz Santa Cruz berichtet uns davon: „Ein Freund, der in einem Dorf im Landkreis Proaza lebt, entdeckte 50 Meter von seinem Haus entfernt Fußabdrücke und Kot von einem Bären, der sogar seine Bienenstöcke gefressen hat.“

Um solche Vorfälle zu vermeiden, setzt FAPAS seit 1992 unter anderem auf bärensichere Elektrozäune. Sobald ein Bär damit in Kontakt kommt, erhält er einen leichten Stromschlag. 2021 wurden sieben große Imkereien im Süden der kantabrischen Berge damit ausgestattet. Dadurch gab es im Folgejahr keine Bärenangriffe mehr. Davon berichtet auch der Roberto Hartásanchez, Leiter von FAPAS: „Wenn sich Bären ausbreiten, merken wir das zuerst bei den Imkern. Im zeitigen Frühjahr finden sie auf einmal geplünderte Bienenstöcke vor.“

Im Westen Asturiens schützen cortines – jahrhundertealte Steinbauten – die Bienenstöcke. Zusätzlich entwickelte FAPAS den Fapimóvil, einen mobilen Anhänger für Bestäubungsstationen, der ebenfalls elektrisch gesichert ist. Diese festen und mobilen Stationen verbessern das natürliche Nahrungsangebot der Bären. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass Bienenstöcke die Wildfruchtproduktion fördern und so zur biologischen Vielfalt beitragen.

Fotofallen im Einsatz  

Zur Überwachung der Bärenpopulation kommen mehr als 50 gut getarnte Fotofallen zum Einsatz. Sie liefern wertvolle Daten über einzelne Tiere und helfen dabei, Jungbären zu identifizieren. Gleichzeitig ermöglichen sie die frühzeitige Erkennung von Krankheiten und dokumentieren illegale Jagd. Das schreckt auch die Wilderer ab.  

Ein Beispiel dafür ist der Bär Valentino (1999-2013), dessen Leben über Jahre hinweg dokumentiert wurde. Auch die Entwicklung der Bärin Villarina (2008), ein gerettetes Jungtier, wurde genau verfolgt. Diese gesammelten Daten fließen direkt in Schutzmaßnahmen ein. Ein entscheidender Faktor, um das Überleben der Bären langfristig zu sichern.

Der Rückgang der Braunbären

Braunbären gehören seit jeher zu Asturien. Eine Region, die laut Beatriz Santa Cruz von Turismo Asturias nicht gegensätzlicher sein könnte: „Wir haben alles: mehr als 400 km Küste und 200 Strände sowie die Berge, und das alles ist sehr nahe beieinander. Das ist das Besondere an Asturien. Von der Karstlandschaft, der imposanten Picos de Europa bis hin zu den außergewöhnlichen Stränden, vorbei an den Gezeitenspringquellen ist etwas Einzigartiges.”

Und einst streiften hier die Bären durch die Gegend, überall dort, wo dichte Wälder Schutz boten. Doch so schön es heute sein mag, im Mittelalter wurden große Waldflächen abgeholzt. Der Lebensraum schwand. Dann begann die systematische Verfolgung. Die Bären wurden gnadenlos gejagt. Mit der Industrialisierung folgte die nächste Welle der Zerstörung. Jede neue Siedlung, Straße und Bahntrasse raubte ihnen weiteren Lebensraum.  

In Deutschland verschwanden die Braunbären im 19. Jahrhundert. Der letzte bekannte Bär wurde 2006 erschossen. Nach und nach wurden die Tiere in abgelegene Gebiete zurückgedrängt, bis sie nur noch in den unzugänglichen Bergwäldern des Kantabrischen Gebirges überlebten.

Jagdaufzeichnungen aus Asturien zeigen, dass im Jahr 1810 noch etwa 388 Bären lebten. Bis 1880 war ihre Zahl durch Bejagung auf 125 gesunken. Ohne Schutzmaßnahmen wäre die Art in der Region um 1918 ausgestorben. Doch durch zeitweise Jagdverbote konnte ein völliges Verschwinden verhindert werden, zumindest im Westen. Im Osten war die Population fast komplett ausgelöscht. Bis in die 1960er Jahre hielt sich die Sportjagd auf Bären.

In den 1950er Jahren begann langsam eine Rückkehr. Besonders die Sierra del Courio und das heutige Tal der Bären in Proaza wurden wieder besiedelt. Die Gründe: Die Weidewirtschaft ging zurück, Wälder erholten sich und 1952 wurde die Bärenjagd für fünf Jahre verboten. 1955 folgte ein entscheidender Schritt. Die spanische Regierung richtete das Jagdreservat Somiedo ein, heute bekannt als Parque Natural de Somiedo. Doch reicht das aus, um die Bären langfristig zu schützen?

Zwei Bärenpopulationen – eine tödliche Trennung

Schon vor 70 Jahren gab es in Nordspanien zwei voneinander getrennte Bärenpopulationen. Im Westen erstreckte sich der stabilere Bestand über Asturien, Kastilien-León und Galicien. Im Osten kämpfte eine viel kleinere Gruppe ums Überleben – konzentriert auf Kastilien-León, Kantabrien und Asturien. Während die westlichen Bären eine größere genetische Vielfalt hatten, war die östliche Population zu klein, um sich gesund fortzupflanzen.  

Auch Ernesto Fernández, ein offizieller Fremdenführer des Fürstentums Asturiens, betont die Trennung dieser beiden Gebiete: „Im Westen, der größeren Region mit der größten Anzahl von Bären, sind vor allem der Naturpark Somiedo, der Naturpark Las Ubiñas/La Mesa und der Naturpark Fuentes del Narcea, Degaña e Ibias zu nennen. Die östliche Population könnte man in der Gegend der Picos de Europa ansiedeln, obwohl es sich aufgrund der Landschaft und der Umweltbedingungen im Park der Picos de Europa um eine viel kleinere Bärenpopulation handelt.“

Die größte Hürde war die fehlende Verbindung zwischen beiden Gruppen. Obwohl nur 30 km dazwischen lagen, machten Straßen, Eisenbahnlinien und Bergbaugebiete eine natürliche Wanderung unmöglich. Besonders der Hafen Pajares, wo eine Autobahn und eine Bahntrasse verlaufen, wurde zur unüberwindbaren Barriere.  

Trotz aller Hindernisse legten einige Bären weite Strecken zurück. 1975 wurde ein Bär nahe der Küste in Cudillero überfahren. Weit außerhalb seines eigentlichen Verbreitungsgebiets. Straßen zerschnitten die letzten Wildgebiete, isolierten Populationen und machten Bären zu häufigen Opfern von Verkehrsunfällen.

Hinzu kam die geografische Isolation, die die Tiere anfälliger für Wilderei machte. 1986 geriet ein Bär nördlich seines bekannten Lebensraums in eine Schlingfalle. In vielen Regionen geschieht Wilderei nicht nur aus wirtschaftlichen Gründen, sondern aus reiner Jagdlust. Noch heute werden Bären trotz Schutzstatus illegal abgeschossen.

Um die Tiere wieder zu verbinden, mussten Schutzkorridore erhalten bleiben. In den Bergen um Cienfuegos, Leitariegos und die Sierra del Courio gab es noch offene Routen, die dringend gesichert werden mussten. Im Osten war das nicht so einfach. Dort fehlten Wälder, die für Bären essenziell sind. Während Asturien noch über genügend Waldflächen verfügte, ist León fast entwaldet.

Doch nicht nur der Mensch verdrängte die Tiere. Auch ihre Nahrungsquellen verschwanden. Mit dem Rückgang der Bergimkerei fehlten Bestäuber, wodurch das natürliche Nahrungsangebot weiter sank.

Wird Spanien wieder zum Bärenland?

Heute erholt sich die Population in Nordspanien langsam. Ein gutes Beispiel ist das Tal der Bären in Proaza und Teverga. Noch vor zehn Jahren gab es dort keine Bärenmütter. Mittlerweile ziehen sie wieder ihren Nachwuchs in den einst verlassenen Wäldern auf. Auch das Taja-Tal (Teverga) galt lange als bärenfrei. 2012 tauchten erstmals wieder Bären auf.
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Im Westen des Kantabrischen Gebirges sieht die Entwicklung besonders positiv aus. Schutzprojekte von FAPAS sorgen für ein stabiles Nahrungsangebot und helfen den Tieren, sich weiter auszubreiten. Ganz anders sieht die Lage im Osten aus. In der Provinz Palencia bleibt die Zahl der Bären besorgniserregend niedrig. Wilderer sind hier weiterhin eine große Bedrohung.

Braunbären brauchen riesige Reviere

Braunbären sind Einzelgänger und durchstreifen riesige Gebiete. Wie groß ihr Revier ist, hängt vom Nahrungsangebot ab. In fruchtbaren Regionen reichen etwa 100 km². In kargen Landschaften kann ihr Streifgebiet bis zu 1000 km² betragen. Das Problem: In Europa gibt es kaum noch ungestörte Waldgebiete.  

Bären sind vorsichtig und meiden Gefahr. Vor allem Bärinnen mit Jungen ziehen sich zurück, wenn Gefahr im Verzug ist. Doch wenn sie ihr Revier verlassen müssen, geraten sie in fremde Gebiete, oft mit fatalen Folgen. Männliche Bären töten Jungtiere, um das Weibchen schneller paarungsbereit zu machen.  

Auch der Mensch bringt Unruhe in ihre Welt. In Somiedo lockt der Bärentourismus immer mehr Besucher an. Einige Guides wagen sich zu nah heran, was die Tiere unter Stress setzt und sie aus gewohnten Gebieten vertreibt. Doch wohin? Straßen, Siedlungen und Infrastrukturprojekte zerschneiden ihre Fluchtwege. Ein Bär kann nur überleben, wenn es noch genug Platz für ihn gibt.

Die Tiere sind für das Ökosystem unersetzlich

Braunbären sind mehr als nur beeindruckende Wildtiere, sie gestalten aktiv ihre Umgebung. Beim Fressen von Beeren und Pflanzen verteilen sie Samen und fördern so die natürliche Waldverjüngung. Ihr Kot und selbst ihre Fellreste liefern Nährstoffe für zahlreiche Lebewesen.  

Auch als Aasfresser haben sie eine wichtige Aufgabe. Indem sie Kadaver und geschwächte Tiere fressen, helfen sie, Krankheiten einzudämmen und das natürliche Gleichgewicht im Wald zu bewahren.  

Wie ernähren sich Kantabrische Bären?  

Trotz ihrer beeindruckenden Statur sind Braunbären keine typischen Jäger. Ihr Speiseplan besteht zu über 85 Prozent aus Pflanzen und variiert je nach Jahreszeit. Im Frühling knabbern sie an Kräutern, im Sommer bevorzugen sie Beeren und saftige Früchte. Im Herbst und Winter setzen sie auf nahrhafte Eicheln und Bucheckern, um ihre Energiereserven aufzufüllen. 

Dies bestätigte uns auch der asturische Fremdenführer Ernesto Fernandez: „Bären suchen immer nach dichten Wäldern oder Wiesen, da sie dort Kastanien, Beeren, Früchte usw. finden können. In letzter Zeit nähern sie sich auch kleinen Dörfern und Weilern, in denen sie leicht Nahrung finden.“

Fleisch spielt kaum eine Rolle. Gelegentlich fressen sie Insekten wie Bienen oder Wespen, manchmal auch Aas von großen Pflanzenfressern. Nutztiere reißen sie so gut wie nie. Wenn ein Bär an einem Kadaver frisst, war das Tier meist schon vorher verendet.  

Im Gegensatz zu anderen Fleischfressern in den Pyrenäen oder den Picos de Europa ernähren sich kantabrische Bären fast ausschließlich von pflanzlicher Kost. Sie sind keine echten Raubtiere, sondern opportunistische Allesfresser, die sich an das Nahrungsangebot ihrer Umgebung anpassen.

Bär versus Wolf – Gefahr für die Bauern?

Während Wölfe aktiv Nutztiere jagen, interessieren sich Bären kaum für Schafe oder Kühe. Stattdessen durchwühlen sie Müll, plündern Bienenstöcke oder ernähren sich von Aas. Das führt zwar zu Konflikten mit Menschen, doch für Imker sind sie problematischer als für Landwirte.  

In fruchtarmen Jahren ernähren sich Bären von verendeten Tieren. So wurde der Bär Valentino häufig dabei gefilmt, wie er an toten Kühen in Somiedo fraß. Wölfe dagegen reißen aktiv Weidetiere, was für Bauern einen viel größeren Schaden bedeutet.
  
Trotzdem werden Bären oft falsch eingeschätzt. Viele Viehhalter fürchten Angriffe auf ihr Vieh, obwohl die meisten Bären nur das fressen, was bereits tot ist.

Bären in den Pyrenäen und in den Picos unterscheiden sich deutlich

Die Bärenpopulation in Asturien und in den Pyrenäen unterscheiden sich stark in ihrer Herkunft und Entwicklung. In den Pyrenäen wurden Bären aus Slowenien angesiedelt, da die ursprünglichen Tiere genetisch kaum noch existierten. Diese waren genetisch ähnlich, aus stabilen Beständen und hatten sich erfolgreich in anderen europäischen Wiederansiedlungsprojekten bewährt.  

Heute leben in den Pyrenäen etwa 83 Bären. Das größte Problem bleibt jedoch die Inzucht. Fast alle Bären stammen von nur zwei Weibchen und einem Männchen ab. Ohne frische Gene droht das Bärenvorkommen langfristig zu schrumpfen. In Asturien lebt der Großteil der westlichen Population, die insgesamt auf etwa 200 Bären geschätzt wird. Diese Bären vermehren sich auf natürliche Weise und haben genetischen Austausch mit benachbarten Beständen, wodurch Inzucht vermieden wird.  

Auch die Konflikte mit Menschen sind unterschiedlich. In den Pyrenäen kommt es immer wieder zu Spannungen mit Schäfern, da die Bären dort häufiger Nutztiere reißen. 2023 wurden in Frankreich 170 abgestürzte Schafe einem Bären angelastet. Es gab jedoch keine eindeutigen Beweise.

In Asturien gibt es solche Vorfälle kaum. Hier ernähren sich die Bären von Aas, Pflanzen und Insekten. Problematisch sind sie eher für Imker, weil sie sich an Bienenstöcken bedienen.

Anpassung, Winterruhe und Fortpflanzung

Kantabrische Bären sind anpassungsfähig und breiten sich langsam aus. Sie wurden sogar nahe der Küste gesichtet – ein ungewöhnlicher Lebensraum. In nahrungsarmen Zeiten suchen sie gezielt Obstbäume oder Bienenstöcke. Doch Wilderei und menschliche Störungen setzen ihnen zu. Stress kann ihr Verhalten nachhaltig verändern und sie scheuer werden lassen.

Winterruhe statt Winterschlaf  

Im Winter fallen sie nicht in eine echte Starre, sondern halten Winterruhe. Herzschlag und Atmung verlangsamen sich, die Körpertemperatur bleibt stabil. Anders als Tiere im tiefen Winterschlaf können sie jederzeit aufwachen. In dieser Phase kommen auch Jungtiere zur Welt. Sie nehmen während der Winterruhe weder Nahrung noch Wasser auf. Lärm durch Forstarbeiten kann sie jedoch zu früh wecken.

Fortpflanzung und Paarungsverhalten

Die Paarungszeit fällt auf Mai bis Juli. Männchen kämpfen um Weibchen und bleiben nach der Paarung manchmal in der Nähe, um Rivalen abzuschrecken. Braunbären sind polygam. Ein Weibchen kann sich in einer Saison mit mehreren Partnern paaren. Eine Besonderheit ist die verzögerte Einnistung: Die befruchtete Eizelle bleibt bis zu fünf Monate im Uterus. Sie nistet sich erst zu Beginn der Winterruhe ein, sodass die Jungtiere zwischen Januar und März geboren werden.  

Jungtiere – klein, blind und nackt

Die neugeborenen Bären wiegen nur bis zu 500 g, sind blind und nackt. Sie bleiben bis zu drei Jahre bei der Mutter, die sie aggressiv gegen männliche Artgenossen verteidigt. Pro Wurf kommen in der Regel ein bis vier Jungtiere zur Welt.

Trotz ihrer Größe sind Bären extrem scheu. Sie meiden Menschen, solange sie sich nicht bedroht fühlen. Als Einzelgänger kommen sie nur zur Paarungszeit zusammen. Zur Kommunikation nutzen sie Duftmarken und Kratzspuren an Bäumen, um ihr Revier zu markieren.

Wie schwer sind kantabrische Bären?

Das Gewicht variiert je nach Geschlecht und Nahrungsangebot. Ein kantabrischer Braunbär wiegt zwischen 100 und 350 kg. Zum Vergleich: Ein SEAT 600, eines der bekanntesten spanischen Autos, wiegt 600 kg. Das entspricht fast zwei großen männlichen Bären.

Ein bärenstarker Ausblick

Die kantabrischen Braunbären feiern ein Comeback. Doch es ist ein Kampf ums Überleben. Lange standen sie in Spanien kurz vor dem Aussterben. Heute kehren sie langsam in alte Reviere zurück.

Auch Ernesto Fernandez ist dieser Überzeugung: „Die derzeitige Situation der Bären in unserer Region kann nur als ausgezeichnet bezeichnet werden. Vor allem, wenn man bedenkt, dass sie Ende des letzten Jahrhunderts vom Aussterben bedroht waren und dass die Zahl der Exemplare derzeit auf über 350 in einer Region von etwa 10 600 Quadratkilometern geschätzt wird. Hinzu kommt, dass es gelungen ist, die beiden bestehenden Populationen (westliche und östliche) miteinander in Kontakt zu bringen, wodurch die genetische Vielfalt bereichert und das große Problem der Inzucht vermieden wird.“

Dank gezieltem Artenschutz und nachhaltigen Projekten wächst die Population, besonders im Westen. Weibchen bringen im Schnitt zwei Junge zur Welt und immer mehr überleben das kritische zweite Lebensjahr. Doch es bleibt noch viel zu tun. Im Osten kämpfen die letzten Bären weiterhin ums Überleben. Ohne Schutzmaßnahmen droht ihr Verschwinden.  

Rettung mit Plan – So soll der Lebensraum der Bären gesichert werden

Organisationen wie FAPAS setzen auf nachhaltige Strategien, um das Zusammenleben von Menschen und Bär zu fördern. Dazu gehören:

Erwerb von Schutzgebieten – In Regionen wie Omaña werden gezielt Grundstücke gekauft oder gepachtet, um sichere Rückzugsorte für Bären zu schaffen. Natürliche Futterquellen – Obstbäume und Kastanienhaine werden gepflanzt, damit Bären genug Nahrung finden, ohne in Dörfer einzuwandern. Ein Beispiel ist das Programm im Alto Sil, wo Landbesitzer ihre Flächen für den Anbau von Bärenfutter zur Verfügung stellen und eine Vergütung pro gepflanzten Baum erhalten.

Kooperation mit Jägern und Landwirten – Die Akzeptanz der Bären ist entscheidend, um Konflikte zu vermeiden. In Tejedo del Sil wurde ein Projekt gestartet, um Bären als wirtschaftlichen Vorteil für Landwirte zu etablieren.

Zusätzlich arbeitet FAPAS mit örtlichen Jägern zusammen, etwa bei der Überwachung von Wildtierpopulationen in Asturien. Die Strategie von Roberto Hartasánchez: „Wir setzen darauf, uns mit den Leuten vor Ort zu vernetzen und uns ihr Vertrauen zu erarbeiten, indem wir aufklären und ihnen helfen, von Bären verursachten Schäden vorzubeugen.“

Braunbären entdecken mit Film und Podcast

Für alle, die mehr über die kantabrischen Braunbären erfahren möchten, empfiehlt sich die Dokumentation „Spaniens wilder Norden – Im Reich der Bären“ in der ARD-Mediathek. Dieser Film zeigt beeindruckende Aufnahmen der nordspanischen Provinzen Kantabrien, Asturien und Galicien. Sie bietet tiefe Einblicke in das Leben der dort heimischen Bärenpopulation.  

Wer jedoch lieber zuhört, dem könnte auch die Episode Bären in Europa des Podcasts „Hauptsache raus – der OUTDOOR-Podcast“ gefallen. Der Wildtier-Experte und Verhaltensökologe Andreas Zedrosser spricht darin über die aktuelle Situation der Braunbären, ihre Verbreitung in Europa ihre Zukunft.

Er erklärt, warum sich Bären so verhalten, wie sie es tun, und gibt Tipps, wie sich Wanderer richtig verhalten sollten, wenn sie einem Bären begegnen. Ein weiteres spannendes Thema ist die Einstufung sogenannter „Problembären“ und welche Herausforderungen ihr Schutz mit sich bringt.

Er betont: „Wenn sich ein Bär aufrichtet, will er nicht angreifen, sondern nur einen besseren Überblick.“ Denn Bären sehen ziemlich schlecht. So gesehen könnte man sagen: Ein Bär auf den Hinterbeinen ist eigentlich nur ein riesiger Brillenträger ohne Brille.  

Die Autorin

Die Journalistin Alina Brammer engagiert sich für die Rubriken Umwelt und Literatur dieses Spanienmagazins.

Zu ihren erfolgreichen Artikeln zählt auch das Feature über Schutzmaßnahmen in den Picos de Europa