Spaniens Militär laufen die Frauen weg

Seit 1999 ist die geschlechtliche Gleichstellung innerhalb der spanischen Streitkräfte per Gesetz verankert. Alle sollen dieselbe Ausbildung und dieselben Chancen bekommen. Doch Frauen meiden heute das Militär. Denn die Karrierechancen sind in der Realität ein Witz.

von Tobias Büscher

Als die Verteidigungsministerin Carme Chacón aus Katalonien einen Jungen zur Welt brachte, schickten die Generäle Plüschbären. Zuvor hatte sie die Herren schon mal hochschwanger zu Führungsgesprächen antreten lassen. 2008 war das, in der liberalen Ära des sozialistischen Regierungschefs Zapatero.

Ein Jahr später kam es für die hochdekorierten Haudegen alter Garde noch heftiger: In Spaniens Geschichte der Armee durfte sich erstmals eine Frau Teniente Coronel nennen, Oberstleutnant. Ihr Name ist Patricia Ortega aus Zaragoza, zuvor bereits 25 Jahre im Dienst und nach wie vor in Amt und Würden.

Gesetz sollte Militär weiblicher machen

Dies war nur möglich, weil seit 1999 die komplette Gleichstellung von Mann und Frau festgelegt ist und Señoras per Gesetz jeden Posten innerhalb der spanischen Streitkräfte (Fuerzas Armadas Españolas) übernehmen können.

Auch als Soldatinnen bei Auslandseinsätzen wie in Somalia oder Afghanistan. Kaum war das neue Gesetz da, stürmten Spaniens Frauen die Kasernen, bekamen neue Uniformen und abgetrennte Duschbereiche und Zimmer. Und als 2001 die allgemeine Wehrpflicht für Männer wegfiel, sahen viele schon die ersten femininen Generäle antreten.

Frauenanteil beim spanischen Militär: 12,3 Prozent

Doch Gesetze bringen nicht immer das gewünschte Ergebnis. Und Trends kehren sich schon mal um. El País hat jetzt Zahlen veröffentlicht, die Bände sprechen: Der Frauenanteil beim Militär mit seinen knapp 150 000 aktiven Soldaten liegt inzwischen nur noch bei 12,3%. Die "Verweiblichung des Militärs", so die Zeitung aus Madrid, sei ausgebremst.

Wehrpflicht weg, Träume ebenfalls

Die Frauen bleiben weg, trotz der hohen Arbeitslosigkeit im Land. Ob Heer, Marine oder Luftwaffe, die Männerwelt wird laut spanischen Medien schon bald wieder mehr oder weniger unter sich sein. Der Traum von einer modernen Streitkraft, wie ihn einst die Sozialisten träumten, ist offensichtlich geplatzt.

Kaum noch eine Frau will eine Laufbahn beim Militär einschlagen. Eine Armee, die nur 7,3 Prozent weibliche Offiziere und nur 1,7 Prozent weibliche Kampfpiloten hat, bevorzugt auf der Karriereleiter eindeutig Männer.

Zu wenig Kitas auf dem Militärgelände

Noch ein anderer Grund hält Spaniens Frauen vom Militärdienst ab. Ein bei uns sehr bekannter. Die Armee hat es fertiggebracht, in all den Jahren nur 25 Kindertagesstätten auf ihren Kasernen einzurichten. Neun weitere, die geplant waren, sind wegrationalisiert.

Offizieller Grund: Auch die Armee muss in Krisenzeiten sparen.

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