La Seu d’Urgell

Das knapp 700 m hoch gelegene spanische Stadt La Seu d’Urgell in den Pyrenäen profitiert sehr von der Nähe zu Andorra. Dort fahren die meisten nur zum Tanken hin, dafür bietet sich das 10 km entfernte Zentrum der Gemeinde Alt-Urgell mit seiner Altstadt als schöner Aufenthaltsort an.

von Tobias Büscher

Als der Journalist Carles Porta einen Kriminalfall in der Nähe von Las Seu d´Urgell recherchierte, packte ihn das Grauen.

Der Mann aus Barelona tauchte ein in einen Sumpf aus Habgier, Mord und Bestechungen mitten in einer der schönsten Gegenden der katalanischen Pyrenäen.

Später schrieb er einen Doku-Roman über den Fall mit dem Titel: Tor - das verfluchte Dorf (siehe Link unten).

Es liegt nur wenige Kilometer von La Seu entfernt, einem der attraktivsten Städchen Nordspaniens, das selbst einen ganz und gar nicht grauenhaften Eindruck macht:

Die schöne Seite der Pyrenäen

Attraktiv in La Seu d´Urgell ist die platanenbewachsene Flaniermeile Passeig de Joan Brudieu, die ein wenig wie die Rambla von Barcelona in Kleinformat wirkt.

Auch unter Sportlern hat sich die Stadt am Zusammenfluss von Segre und Valvira einen Namen gemacht.

Auf dem östlichen Ufer des Segre-Flusses wurde für die Olympischen Spiele 1992 der Parc del Segre als hochmoderner, architektonisch gelungener Austragungsort für Kanu-Wettbewerbe angelegt. Heute gibt es dort Sommerkurse für Kanuten.

La Seu: Am Markttag ist die Hölle Los

Besonders an Markttagen (Di und Sa), an denen viele Bewohner aus Andorra zum Einkaufen kommen, wird deutlich: La Seu d’Urgell lebt nicht nur vom Tourismus, sondern vor allem von der traditionellen Landwirtschaft.

Dann gibt es im Carrer Major und den Seitengassen Kuhkäse, schmackhafte Pfefferwürste, Haushaltsgeräte und bunte Kleidung. Die Marktstände ziehen sich zwischen den Arkaden des Altstadtkerns bis zur Kathedrale mit ihrer sehr langen Geschichte.

Einst ein mächtiger Bischofsort

La Seu d’Urgell entwickelte sich im Hochmittelalter zu einem mächtigen Ort, dessen Bischöfe beachtlichen politischen Einfluss besaßen: Sie regierten das benachbarte Andorra.

Seit dem 13. Jh. teilten sich die katalanischen Bischöfe die Regierungsgeschäfte mit den französischen Grafen von Foix, später dann mit der Krone von Versailles und bis zur Unabhängigkeit Andorras 1993 mit den französischen Staatschefs.

Kauernde Affen an der Kathedrale Santa María

Die Kathedrale Santa María ist an der Westfassade mit in harten Granit gehauenem Figurenschmuck versehen, der grob herausgearbeitete Löwen und Menschen darstellt (Mo–Sa 9.30–13, 16–18, So und feiertags 9.30–13 Uhr).

Die dreischiffige Kirche mit einer Galerie in der zentralen Apsis zeigt Anklänge an die italienische Romanik und tatsächlich: es waren auch lombardische Steinmetze, die sie im 12. Jh. schufen. Im Kreuzgang aus dem 13. Jh. sind kauernde Affengestalten an den Kapitellen zu sehen.

Auch sie sind nur sehr grob in den Stein gehauen, weil hier nicht – wie sonst in Katalonien – weicher Kalkstein, sondern wie auch am Portal Granit zum Einsatz kam.

Handschrift der Apokalypse

Neben dem Kreuzgang befindet sich das Diözesanmuseum, eines der interessantesten der Pyrenäen. Seit 1958 werden dort Gemälde, Skulpturen, alte Altäre, Reliquien und der Kirchenschatz verwahrt.

Das Juwel ist ein Exemplar der reich bebilderten Handschrift der Apokalypse von Beatus von Liébana (ein weiteres gibt es in Girona), das um 970 entstanden sein muss.

Unmittelbar an den Kreuzgang schließt die kleine romanische Kirche Sant Pere i Sant Miquel (11. Jh.) an. In dem wenige Schritte entfernten ehemaligen Kloster Sant Domènec ist heute ein Parador untergebracht.

Castellfollit

Gleich im Süden liegt der Ort Castellfollit. Die Reste der Festung (castell) dienen heute als Kaserne. Ein Besuch der einstigen Bischofsstadt lohnt vor allem wegen des ausgezeichneten Hotel-Restaurants El Castell.

Buchtipp:

Tor - das verfluchte Dorf: Das Buch des Journalisten Carles Porta dokumentiert einen der mysteriösesten Kriminalfälle in der jüngeren Geschichte Spaniens, der sich ganz in der Nähe von La Seu zutrug.

Infos zu La Seu D´Urgell

Infoamt von La Seu d´Urgell

Oficina de Turismo: Avenida de les Valls d’Andorra s/n, Tel. 973 35 15 11.

Übernachten in La Seu d´Urgell

El Castell: Ctra. de Lleida s/n, Tel. 973 35 00 00, Fax 973 35 15 74, hotelelcastell.com, elcastell@relaischateaux.com. Richtung Andorra neben einer alten Burg, die schönste Unterkunft weit und breit, gute Küche und Pool. 215–420 €.

Parador de Seu d’Urgell: C. Sant Domènec 6, Tel. 973 35 20 00, seo@parador.es. Modern bis auf den Kreuzgang des ehemaligen Dominikanerklosters (16. Jh.), mit Pool. 140 €.

Andria: Passeig Joan Brudieu 24, Tel. 973 35 03 00, Fax 973 35 14 25. Villa mit Terrasse am Passeig de Joan Brudieu. Netter Empfang, auf Wunsch Hydro-Massage. 95–115 €.

Duc d’Urgell: C. Josep de Zulueta 43, Tel. 973 35 21 95. Der preiswerte, aber ordentliche Familienbetrieb befindet sich etwas außerhalb des Stadtkerns von La Seu d´Urgell. Rund 50 €.

Camping En Valira: Av. Valira 10, Tel. 973 35 10 35. Mit Bar, Schwimmbad und einem kleinen Supermarkt.

Restaurants in La Seu d´Urgell

Restaurant Andria (s. o.): regionale gutbürgerliche Küche, auch Paella. Menü 15–24 €.

Cal Teo: Av. de Pau Claris 38, Tel. 973 35 10 29, Mo geschl. Exklusive Küche, gute Fleischgerichte, Forellen und Pilz-Teller. À la carte 15–30 €.

Wochenmarkt: Di und Sa (vormittags) in der Straße Major und den Seitengassen.Casa Eugeni: Major 58. Gute Auswahl an Käse.

Im 10 km entfernten Andorra gibt es Benzin und Tabak (zwei Stangen zollfrei) besonders preiswert.

Kanufahren ist im Olympischen Park oder auf dem Valira möglich. Näheres über die Auskunft (s. o.).

Stadtfest von La Seu d´Urgell

Stadtfest am letzten So im August. Sant Ermengol, Landwirtschaftmesse Anfang Nov.

Verkehrsverbindungen

Busse tgl. fünfmal nach Barcelona, Puigerdà und Andorra (dorthin ab 8 Uhr, Fahrzeit 30 Min.). Kleiner Flughafen mit tgl. Verbindungen nach Barcelona.

Umgebung von La Seu d´Urgell

Weiterfahrt: Auf dem Weg Richtung Osten nach Ripoll führt die N 260 am Naturpark Cadí-Moixerò entlang über Martinet nach Puigcerdà. Von Martinet lohnt sich ein Abstecher in das authentische Bauerndorf Montellà – vorausgesetzt, man hat keine Angst vor Hunden. Die Richtung Süden verlaufende N 152 über den Skiort La Molina ist ausgesprochen kurvig und anstrengend. Als Alternative bietet sich der 5 km lange Cadí-Tunnel (der längste Spaniens) hinter Bellver de Cerdanya an (gebührenpflichtig), um von Guardiola de Berguedà über La Pobla de Llilet nach Ripoll zu gelangen.

Organyà und sein Dokument aus dem 12. Jh.

Etwa 25 km südlich von La Seu d’Urgeil liegt Organyà (1000 Ew.) im landschaftlich eindrucksvollen, schluchtartig verengten Tal des Segre. Hier wurde das wohl älteste Dokument in katalanischer Sprache entdeckt. Die »Homilies d’Organyà« sind Randnotizen aus dem 12. Jh. an einem lateinischen Text.

In dem zentralen Rundbau des Tourismusamtes kann man ein Duplikat in Augenschein nehmen (Mo–Sa 11–14 und 17–19, So 11–14 Uhr).

Das Amt informiert auch über Wanderwege in der Umgebung. Hier gibt es unter anderem eine Karte für einen 27 km langen und bei einem Höhenunterschied von 340 m relativ leichten Wander- oder Fahrradausflug entlang der westlich gelegenen Dolmen rund um den Ort Cabó.

Weiterführende Links

Spaniens Städte im Überblick

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