Gruselfest in Spanien

Der Geisterberg von Gustavo Adolfo Bécquer ist eine der besten Horrorstorys der spanischen Literatur. Ganz im Stil eines Edgar Allen Poe. Und jedes Jahr an Allerheiligen erinnern die Bewohner im nordspanischen Soria an das Buch: mit Gruselköpfen und viel Feuer.

Das 1861 erschienene und bei uns kaum bekannte Buch mit dem Originaltitel Los Montes de las ánimas würde The Walking Dead als Vorlage alle Ehren machen.

Es handelt von fahlgelben Totenköpfen, die sich aus ihren Gräbern erheben.

Und von Berggeistern, die einen gespenstischen Wettlauf provozieren. Bécquer schrieb es während der Hochphase seiner literarischen Arbeit. Er selbst hatte eine ebenfalls ziemlich furchtbare Vita.

Seine Mutter und sein Vater verstarben so früh in Sevilla, dass ihn eine Taufpatin aufzog. Horrorvorstellungen setzte er später in seinen Werken um, und das haben die Bewohner von Soria ins gruselige Festprogramm aufgenommen.

Hintergrund: Gläubige Spanier besuchen am 2. November die Friedhöfe, gedenken ihrer Vorfahren und lassen es bei aller Trauer danach kulinarisch ziemlich krachen. Bei ihnen heißt das Tag der Toten (Día de los Muertos), der außerhalb Spaniens vor allem in Mexiko eine sehr lange Tradition hat.

Die Gruselnächte von Soria in Nordkastilien haben ein ganz eigenes Flair. Bereits Tage zuvor lesen Literaturliebhaber in den Ruinen der Kirche San Nicolás Horrorgeschichten. Und ziehen dann nachts am Ufer des Duero mit Kutten, Kerzen und Fackeln ihre Kreise.

Verkleidet sind sie dabei als Ritter, Skelette und sogar Riesenpuppen. Den Sound bestimmen zunächst Dudelsäcke und Trommeln. Wobei das ganze aber alles halb so gruselig ist wie die Zombiepartys im Land, darunter in der weit entfernten Stadt Granada.

Was ist da hinter der Fensterscheibe?

Schließlich dann am Flussufer der Schauerhauptteil. Dabei kommen die Kostproben von Bécquer in voller Länge zum Einsatz. Kostprobe:

„In der Nacht auf Allerseelen weckte mich etwas. Ich weiß nicht, wie spät es schon war. Das Geläute der Kirchenglocken, bei ihrem langgezogenen Schall musste ich unwillkürlich an eine Geschichte denken, die ich kürzlich in Soria hörte. Zugetragen hat sie sich ebenda, wo sie mir erzählt worden ist. Als ich sie niederschrieb, wandte ich jedesmal, wenn es an die Fensterscheiben polterte, erschreckt den Kopf. Es war aber wohl nur der kalte Nachtwind, der sich gegen die Balkontüren warf.“

Schauerromantik pur also. So ganz im Stil des Wahnsinns, wie es auch der Zeitgenosse Edgar Allen Poe etwa mit Der Rabe zu Papier brachte.

Als Abschluss der Gruselzeremonie am Fluss Duero gibt es übrigens noch ein Konzert, das die Gemüter wieder beruhigen soll. Renaissance-Musik. Ausländer besuchen Soria zu diesen Festtagen nur sehr selten. Grund: kennt kaum einer.

Unter Fiestas in Spanien steht dieses Event deutlich im Schatten der San Fermines, der Tomatenschlacht und des Feuerfests in Valencia.Soria selbst ist mit nur 40.000 Einwohnern eine der kleisten Provinzhauptstädte des Landes. Spanier lieben die lokale Küche. Vor allem die Trüffel der Umgebung sind gefragt. So sehr, dass so einige aus Frankreich exportierten Edelpilze in Wahrheit aus Spanien stammen sollen. Auch ganz schön gruselig, oder?

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