Katalonien vor den Wahlen
Lautstarke Kundgebung für die Unabhängigkeit Kataloniens während des sonntäglichen Clásico zwischen Barça und Real. Am 25. November gibt es vorgezogene Wahlen. Die politische Stimmung ist gereizt.
von Marcos Fernández Vacas
Durch die deutliche und über die Medien in ganz Spanien zu vernehmende politische Stellungnahme der katalanischen Fans ist das Fußballspiel in den Hintergrund getreten.
Das 2:2-Unentschieden ist ein versöhnliches Ergebnis zweier Rivalen, die sich auf höchstem sportlichen Niveau bekämpften und mit Messi und Ronaldo ihre herausragenden Torschützen hatten.
Doch außerhalb des Spielfeldes brodelt es im Land der Crema Catalana. Grund: ein Streit um die Finanzen mit der Zentralregierung.
Separatismus im Camp Nou
Schon vor dem Spiel im Camp Nou hatte die Politik das Fußballfeld erreicht. Das Publikum hatte ein gigantisches Mosaik aus 98.000 Kartons im Stadion entstehen lassen.
Zu lesen war das Wort „Barça“ auf den gelb-roten Farben der Senyera, der katalonischen Nationalflagge. Und ein Schild mit dem Spruch: Catalonia next European State.
Die Rufe „Unabhängigkeit“ hat die Mehrheit der Fans im Stadion zwischen der 17. Minute während 14 Sekunden gerufen.
Dies sollte an den 11. September 1714 erinnern, dem Tag der Diada de Cataluña. Es ist der Tag, an dem durch den Fall Barcelonas während des Sezessionskrieges die Unabhängigkeit verloren ging und seitdem der Nationalfeiertag Kataloniens.
Kultivierte Katalanen
Ob es tatsächlich zu einem neuen Staat in Europa kommt, bleibt abzuwarten. Artur Mas, der Präsident der Generalitat und der nationalen Convergència i Unió, nimmt indes die innenpolitische Stimmung auf. Gegenüber TV3 äußert es sich erfreut über die Kundgebung im Stadion.
Mehr als das Spielergebnis „muss man das spektakuläre Ambiente hervorheben und dieses Land einatmen, …, das sehr katalanisch ist, aber zugleich … sehr positiv und kultiviert“.
Die, so Mas, gute Manieren der Katalanen stehen in keinem Widerspruch zu den separatistischen Tendenzen der Region.
Abspaltung durch eigene Steuern
Schon seit Wochen schwelt der Konflikt zwischen der Autonomen Region Katalonien und der Zentralregierung in Madrid.
Durch die andauernde Wirtschaftskrise und den straffen Haushaltskürzungen sieht sich Katalonien besonders benachteiligt und finanziell bedroht.
Ein vor Wochen geführtes Gespräch über einen neuen Fiskalpakt zwischen Artur Mas und dem spanischen Regierungschef Mariano Rajoy scheiterte.
Nun möchte die katalanische Regierung ein von der Zentralregierung Spaniens unabhängiges Finanz- und Steuersystem einführen.
Zwar ist die die Autonome Region Katalonien die wirtschaftsstärkste Spaniens, doch zugleich die mutmaßlich am höchsten verschuldete.
Der katalonischen Regierung zufolge ist dies das Ergebnis einer fehlerhaften zentralistischen Steuerpolitik.
Denn die von Katalonien eingenommenen Steuern werden an den Staat abgeführt, doch der größte Teil fließt nicht zurück.
Dieser käme den ärmeren Regionen im Süden zugute. Ein nach den vorgezogenen Wahlen eingeführtes unabhängiges Steuersystem wäre dann der erste Schritt zu einem Referendum über die staatliche Unabhängigkeit, die die spanische Regierung ablehnt.