Spaniens Geschichte im Überblick
Die Geschichte Spaniens ist so vielfältig wie das Land: beherrscht von Römern und Arabern, wurde Spaniens selbst zum Eroberer Lateinamerikas. Es gab herrschsüchtige Könige, geniale Maler, Revolten und Bürgerkrieg. Erst seit Francos Tod ist es ruhiger geworden im Land. Auch wenn die Wirtschaftskrise heute für das Land am besten bald wieder selbst Geschichte wäre. Doch inzwischen geht es für Spanien langsam wieder bergauf. Hier ein Überblick:
Höhlenbilder und Totenkult:
Die bis heute weitgehend erhaltenen Höhlenmalereien markieren am deutlichsten das Leben während der Steinzeit auf der Iberischen Halbinsel. Die frühesten Beispiele aus Kantabrien gibt es seit etwa 30.000 v. Chr.
Berühmt ist die Höhlenmalerei der Cueva de Altamira bei Santander, die heute wieder in begrenzter Zahl besucht werden darf. Diese Kultur weitet sich bis 10.000 v. Chr. nach Zentralspanien aus.Im nördlichen Zentralspanien entwickelt sich ab 2.500 v. Chr. der Totenkult des Megalithikums.
Große Steingräber gehen einher mit einer auf der Iberischen Halbinsel entstehenden Glockenbecherkultur, deren glockenförmige Gefäße bis nach Zentraleuropa gelangen.
Kelten, Phönizier, Hannibal in Spanien
Um etwa 1000 v. Chr. dringen Kelten nach Nord- und Zentralspanien ein und vermischen sich mit der Urbevölkerung. Vor allem in Galicien haben sie ihre Spuren hinterlassen in Form von Castros.
Das sind runde Grundmauern der Häuser. Und auch Kubas Staatschef Fidel Castro hat seinen Namen daher, denn seine Vorfahren kamen aus Ostgalicien.
An der Mittelmeerküste gründen Phönizier besonders in Cádiz, Málaga und auf Gibraltar Handelsniederlassungen. Ihnen folgen ab 700 v. Chr. Griechen aus Kleinasien, um an der Ostküste Handelsniederlassungen zu gründen.
Die Halbinsel nennen sie Iberien. Nach und nach müssen diese Kolonien dem karthagischen Einfluss weichen. Die Punier (Karthager) besetzen zunächst Cádiz.
Als Karthago den ersten Punischen Krieg gegen Rom verliert, versucht der karthagische Feldherr Hamiltar, die Verluste durch die Eroberung der Iberischen Halbinsel auszugleichen.
Hannibal setzt die Invasion nach Norden fort. Als er das mit Rom verbündete Sagunt besetzt, bricht 218 v. Chr. der zweite Punische Krieg aus.
Unter dem Feldherrn Scipio landen römische Legionen auf der Halbinsel und beginnen nach der Niederlage Karthagos mit der schrittweisen Eroberung von „Hispania“.
Die Römer in Spanien
Rom hatte es in Spanien sehr leicht. Vor allem die zentralspanische Extremadura war bei den Legionären beliebt. Dort bauten sie ähnlich wie in Segovia Aquädukte, Rennbahnen und Villen.
In Lugo und Avila sind die römischen Stadtmauern sogar bis heute noch vollständig erhalten. Auch in Astorga am Jakobsweg hat noch eine Römermauer.
Von dort aus beuteten die Römer die Minen aus und brachten das Edelmetall über den Silberweg bis nach Andalusien. Hispania blieb bis 500 nach Christus erhalten, doch dann kamen die Sueben und Vandalen ...
In Mérida südwestlich von Madrid steht übrigens das beste Römermuseum Spaniens. Und auch die Theaterstücke im Amphitheater sind klasse.
Jakobsweg und Reconquista
Um 1000 wächst die Bedeutung des Jakobsweges nach Santiago. Die christlichen Königreiche im Norden schreiben sich den Kreuzzug auf die Fahnen. 1030 bricht die Herrschaft der Omeyaden zusammen. Das Kalifat zerfällt in Teilreiche (taifas).
1230 kommt es zur Vereinigung von Kastilien und León. Zwanzig Jahre später flüchtet die maurische Dynastie der Nasriden in die letzte arabische Bastion Granada.
Als Fernando von Aragón und Isabel von Kastilien 1469 heiraten, leiten sie nicht nur die gänzliche Eroberung der maurischen Gebiete, sondern auch den spanischen Gesamtstaat ein.
Die Ausbeutung Amerikas durch Spaniens Eroberer
Die Katholischen Könige Fernando und Isabel erobern 1492 nach mehr als zehn Jahren Krieg Granada. 1492 wird nicht nur deshalb als wichtigstes Jahr der spanischen Geschichte betrachtet.
Die Katholischen Könige erzwingen die religiöse Einheit durch Vertreibung und Zwangstaufe der Juden und Mauren.
Die Juden wandern vor allem nach Marokko als Sepharden aus und bekommen erst im Juli 2015 von der Regierung die Erlaubnis, unter bestimmten Voraussetzungen die spanische Staatsangehörigkeit zurückzuerlangen.
Zwanzig Jahre zuvor werden in Zaragoza die ersten Bücher gedruckt. Der Humanismus setzt sich kaum durch. Isabella lässt sich von ihrer Hofdame „La Latina“ in Latein unterrichten.
Vor rund 500 Jahren, am 12. Oktober 1492 landet Christoph Kolumbus im Dienste Isabellas auf der Bahama-Insel Guanahani und leitet die Eroberung Amerikas ein.1519 übernimmt der Sohn Johannas der Wahnsinnigen und Felipes des Schönen als Habsburger den spanischen Thron.
Als König Spaniens wird Carlos V. römisch-deutscher Kaiser und macht Spanien zur Weltmacht. Unter ihm erobert das Land Südamerika (mit Ausnahme Brasiliens), Mittelamerika und den Süden Nordamerikas.
Der Untergang der Armada
Bis 1544 kommt es zu vier Kriegszügen gegen Franz I. von Frankreich, die Spanien die Vorherrschaft in Italien sichern. Drei Jahre später besiegt der Kaiser die Protestanten bei Mühlberg. Kriege in Europa und gegen die Türken lassen den Kaiser nicht einmal die Hälfte seiner Regierungszeit auf spanischem Boden verbringen.
Das „Reich, in dem die Sonne niemals untergeht“ bringt nicht nur Reichtümer, sondern auch organisatorische und wirtschaftliche Probleme, die zu einem langsamen Zerfall der Hegemonie führen.
1588 versenken die Engländer die Hälfte der „unbesiegbaren Armada“. Vom Tod des Escorial-Erbauers Felipes II. bis zum Tod des letzten Habsburgers im Jahre 1700 dauert der Niedergang der Weltmacht, der schließlich in dem Erbfolgekrieg 1701– 1714 mündet.
Die Zeit des Machtverfalls ist gleichzeitig von einer Blütezeit („Goldenes Jahrhundert“) der Malerei von Greco bis Velázquez und Literatur von Cervantes über Lope de Vega bis Quevedo geprägt.
Die Macht der Bourbonen in Spanien
Als die französische Bourbonendynastie die Regierung Spaniens übernimmt, hat Spanien allen Besitz in Europa verloren, während Holländer, Engländer und Franzosen tief in die Herrschaft in Übersee einbrechen.
Mit den Bourbonen wird Verwaltung und Recht nach französischem Muster geprägt. Das „französische Jahrhundert“ in Spanien kommt mit dem aufgeklärten Absolutismus von Carlos III. zum Höhepunkt.
Unter dem Minister Floridablanca erholt sich die spanische Wirtschaft.
Napoleon erobert Spanien
Die Regierungszeit seines Nachfolgers Carlos IV. ist von der französischen Revolution im Nachbarland und einem unfähigen Herrscher geprägt, der die Regierungsgeschäfte weitgehend seiner Gemahlin und dem aufgeklärten Despot Manuel Godoy überlässt.1807 zwingt Napoleon Carlos IV. zum Abdanken.
Beim Einmarsch der französischen Truppen kommt es zum Unabhängigkeitskrieg von 1808–1814, den der Volksaufstand am 2. Mai 1808 einleitet.
Diesen hat niemand so gut im Bild festgehalten wie der Maler Goya (zu Goyas Kriegsbild). Napoleons Bruder José Bonaparte regiert Spanien bis zur Vertreibung der französischen Truppen 1814.
19. Jahrhundert: zwischen Patriotismus und Revolten
Der Beginn des 19. Jahrhunderts ist auch durch die erste liberale Verfassung gekennzeichnet, die Patrioten in Cádiz ausrufen. Doch der Bourbone Ferdinand VII. regiert zentralistisch und absolutistisch gegen liberale Bestrebungen.
Zwischen 1810 und 1825 verliert Spanien fast alle Kolonien in Übersee.Nach Ferdinands Tod verschärfen sich die Fronten zwischen Liberalen und Konservativen.
Die Zeit markieren Militärputsche (pronunciamientos), Bürgerkriege und die Karlistenkriege. Arbeiterbewegungen und Bauernaufstände führen 1868 zum Sturz von Königin Isabel II. Die erste Republik von 1873–1874 fällt nach elf Monaten.
Mit der Unterstützung des Heeres gelangt der Monarch Alfonso XII. an die Macht.In der folgenden Restaurationszeit bis 1917 löst sich das liberale und konservative Bürgertum bei den Regierungsgeschäften ab.
Spanien verliert die letzten Kolonien
1898 verliert Spanien die letzten drei Kolonien Puerto Rico, Kuba und die Philippinen. Aus der Depression und dem verletzten Nationalstolz entsteht die Intellektuellengruppe „generación del 98“, deren herausragendste Persönlichkeit der Philosoph Miguel de Unamuno ist.
Anarchistische und sozialistische Parteien prägen das beginnende 20. Jahrhundert. Nach massiven sozialen Unruhen kommt es 1923 zum Staatsstreich des Generals Primo de Rivera mit Billigung des Königs.
Nach acht Jahren fällt die Diktatur auch Infolge der Weltwirtschaftskrise. Alfonso XIII. verlässt den Königspalast und geht ins Exil. Auch seine Frau Ena von Battenberg muss Spanien verlassen.
Die Zweite Republik in Spanien
Die zweite Republik von 1931 bis 1936 wird ausgerufen. Wahlsieger ist der Regierungschef Manuel Azaña.
Die bürgerlichen Linksparteien versuchen Spanien gegen den Widerstand von Großbürgertum, Finanzoligarchie und Kirche in eine demokratische, regionalistische und weltliche Republik zu verwandeln.
Die neue Verfassung Spaniens orientiert sich teilweise am Weimarer Modell, garantiert bürgerliche Freiheiten und Dezentralisierung.Die Reformen (insbesondere Land- und Schulreform) werden nach dem Wahlsieg der Konservativen 1933 rückgängig gemacht.1934 kommt es zur so genannten Oktober-Revolution in Asturien.
Als die Rechtsparteien 1936 durch die linke Volksfrontregierung abgelöst werden, mehren sich die gewaltsamen politischen Auseinandersetzungen.
Der Spanische Bürgerkrieg
Am 18. Juli erhebt sich der rechte Flügel des Militärs unter den Generälen Franco, Mola und Sanjurjo. Der dreijährige Spanische Bürgerkrieg beginnt, den Franco mit Unterstützung der Falange, der Kirche, den Großgrundbesitzern sowie der Truppen Mussolinis und Hitlers gewinnt.
Über 600.000 Tote fordert der auf beiden Seiten mit brutaler Härte geführte Krieg. Die demokratischen Regierungen Europas kommen den Republikanern nicht zur Hilfe, dafür aber die Internationalen Brigaden mit Persönlichkeiten wie Hemingway und Orwell.
Madrid und Barcelona sind die Zentren des Widerstandes gegen die „Nationalisten“.Anfang 1939 bricht die Republik zusammen. Madrid fällt am 28. März.
Über die Zeit und die Franco-Zeit ist ein intelligentes Buch erschienen: Kontroverse um den Bürgerkrieg
Die Diktatur Francos
Die Militärdiktatur Francos, die sich auf Kirche, Militär und Grundbesitz stützt, bleibt im Zweiten Weltkrieg neutral. Die Opposition wird brutal verfolgt, verhaftet und ins Exil getrieben.
Der Katholizismus wird wieder Staatsreligion, Scheidung, Zivilehe und Parteien werden verboten. Ebenso die Regionalsprachen Spaniens. Und auch Filme und deren Plakate ließ er zensieren.
Spanien ist bis 1953 von der Außenwelt wirtschaftlich und politisch isoliert. In diesem Jahr schließt Franco ein Konkordat mit dem Vatikan und beschließt ein Stützpunktabkommen mit den USA.
Dies ebnet den Weg zur UNO-Mitgliedschaft 1955. Zwei Jahre später tritt Spanien dem Internationalen Währungsfond und der Weltbankgruppe bei.
Als Franco Ende der 1960er-Jahre von der ökonomischen Autarkie ablässt, erholt sich das Land wirtschaftlich. Tourismus in Spanien („Spain is different“) und Geldsendungen spanischer Gastarbeiter aus Frankreich, der Schweiz und der Bundesrepublik fördern die wirtschaftliche Erholung.
Die autoritäre Diktatur mit Pressezensur, Parteienverbot und Todesstrafe führt wiederholt zu Protesten und Anschlägen.
Im Baskenland formiert sich die ETA
Im Baskenland formiert sich die ETA. Sie ermordet 1973 den Regierungschef Carrero Blanco in Madrid, der die Linie Francos weiterführen sollte.
Zwei Jahre später stirbt Francisco Franco am 20. November 1975 im Alter von 82 Jahren. König Juan Carlos, Enkel Alfons XIII., wird neuer Staatschef.
Die Zeit nach Franco ist von einer schnellen Übergangsphase hin zur Demokratie und dem endgültigen Ende der internationalen Isolation geprägt.
1978: Spaniens neue Verfassung
1978 wird innerhalb der sogenannten Transición die neue Verfassung verabschiedet und per Volksabstimmung gebilligt. 1981, am 23. Februar, kommt es zu einem Putschversuch rechtsgerichteter Militärs, der allerdings keine Wirkung hat.
1982 erreicht die sozialistische PSOE die Parlamentsmehrheit. Im selben Jahr wird Spanien 16. Mitglied der NATO.
1986 tritt das Land in die EU ein, deren Vorsitz Spanien 1988/89 übernimmt. Spaniens Politik passt sich immer mehr den europäischen Standards an.
1992, zum 500. Jahr der „Entdeckung“ Amerikas findet in Barcelona die Olympiade und in Sevilla die Weltausstellung statt, während Madrid Kulturhauptstadt Europas ist.1996 kommt die konservative Volkspartei (PP) unter José María Aznar an die Regierung.
Gibraltar, Guggenheim, González
1997 eröffnet in Bilbao das Guggenheim-Museum, das sich innerhalb kürzester Zeit neben dem Dalí-Museum in Katalonien und dem Prado in Madrid zum meistbesuchten Museum Spaniens entwickelt.
Die Staatsanwaltschaft leitet ein Verbotsverfahren gegen die ETA-nahe Baskenpartei Batasuna ein und lässt alle Büros schließen.2003 streiten die englische und die spanische Regierung weiter um den kahlen Felsen Gibraltar, der seit 1713 zu Großbritannien gehört und auf dem Berberaffen wohnen.
Solange die schwanzlosen, gut 75 cm großen Tiere dort leben, heißt es, wird Gibraltar britisch bleiben.
Zapatero, Prinzenpaar und Baltazar Garzón
2004 gewinnen die Sozialisten überraschend die Parlamentswahlen. Wenige Tage zuvor, am 11. März, sterben bei einer Bombenserie auf Madrids Vorortzüge fast 200 Menschen.
Nicht die ETA, wie von der bisherigen Regierung behauptet, sondern marokkanische Attentäter sind die Schuldigen. Da es sich bei dem Anschlag offenbar um einen Vergeltungsschlag handelte, weil Spanien im Irakkrieg die USA unterstützt hatte, sah die Mehrheit der Spanier eine Mitverantwortung des damaligen Ministerpräsidenten Aznar.
Im Mai heiratet Prinz Felipe die Fernsehjournalistin Letizia Ortiz.
2008: Beginn der Immobilienkrise. In der Folge verlassen viele junge Spanier das Land.
2010: Baltazar Garzón, einer der wichtigsten Richter Spaniens, wird des Amtes enthoben. Er ermittelte als einer der wenigen die Menschenrechtsverletzungen durch die Faschisten während des Spanischen Bürgerkriegs und wurde wegen angeblicher Verfahrensfehler abgesetzt.
2011 wird Mariano Rajoy (PP) aus Galicien Regierungschef von Spanien, seine konservative Partei hat die Mehrheit im Parlament. Das Land leidet erheblich unter der Immobilienkrise und versucht, die Schulden in den Griff zu bekommen.
2014 bleibt Rajoy nach wie vor an der Macht. Einer seiner ersten Ideen, aus der aktuellen Wirtschaftskrise herauszukommen: die Autoindustrie fördern.
2023: Spanien unter der Leitung von Regierungschef Pedro Sánchez schafft es mit seiner Minderheitsregierung, die Corona-Krise weitgehend in den Griff zu bekommen. Mit Europa handelt er einen Deal zur umweltfreundlichen Energielieferung und fördert die Gleichberechtigung im Land
Weiterführende Links:
Der lange Schatte Francos