Spanien: Heilige Jahr bis 2022?

Die Pandemie hat in Santiago de Compostela und ganz Galicien die großen Vorbereitungen für das Heilige Jahr durcheinander gebracht, das am 1. Januar 2021 beginnt. Nun soll das katholische Ereignis um sechs Monate verlängert werden.

von Tobias Büscher

Ein Jahr hat 12 Monate. Doch das kommende Heilige Jahr könnte 18 bekommen. Der linksliberale Bürgermeister von Santiago, Xosé Sánchez Bugallo, hat jetzt laut gesagt, was hinter verschlossenen Türen auch Priester und Bischöfe längst diskutieren.

Hintergrund: Wenn der 25. Juli als Tag des Apostels auf einen Sonntag fällt, was 2021 der Fall ist, sind die Pilgerzahlen normalerweise enorm hoch. Mehr als 300.000 Menschen kommen dann über den Jakobsweg nach Santiago de Compostela. 

Die galicische Regierung hatte sich daher ausgiebig vorbereitet: Land und Region haben über 17 Millionen Euro für die Restauration der Kathedrale ausgegeben, die Einladung an den Papst war längst raus, auch hochkarätige Musiker sollten kommen. Doch seit Mitte März ist die Ernüchterung groß. Und da Spanien aktuell unter steigenden Infektionen und Einschränkungen im öffentlichen Leben leidet, ist ein reibungsloser Ablauf der Feierlichkeiten in Galicien illusorisch.

Kritiker fragen sich, wie sinnvoll so eine Maßnahme wäre. Auf jeden Fall ist sie nicht neu. 1937 verlängerte Papst Pius nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs das Heilige Jahr bis 1938. Was er damals nicht wissen konnte: Der Bürgerkrieg endete erst 1939. Und genauso könnte auch die Pandemie länger anhalten als bis zum Tag des Apostels am 25. Juli 2022.

26.10.2020

Cristobál Ramírez, langjähriger Journalist der spanischen Zeitung La Voz de Galicia:

"Es gab sogar zwei außergewöhnliche Heilige Jahre: eines im 19. Jahrhundert, um der Welt mitzuteilen, dass die Gebeine des Apostels wiederentdeckt worden waren, und eines im Jahr 1938, um die Moral der Truppen des Putschgenerals Francisco Franco zu erhöhen, der später bis zu seinem Tod 1975 Diktator Spaniens war."